it Adam und Eva fing alles an. Zumindest für Albrecht Dürer und die meisten seiner Zeitgenossen stand das fest. Eva nahm der Schlange den Apfel ab und legte damit den Grundstein für das menschliche Schicksal. Zugleich aber ist sie hier dargestellt in Anlehnung an eine berühmte Venusstatue aus der römischen Antike, die heute in den Uffizien in Florenz aufbewahrt wird: die Venus Medici. Ihr männliches Gegenüber rief beim gebildeten Kenner der antiken Skulptur hingegen den Apoll von Belvedere aus den Vatikanischen Museen ab. Das traurige Schicksal der Vertreibung aus dem Paradies verbindet sich in Dürers Sicht mit einer gleich zweifachen Feier menschlicher Größe: der Freude am Körper durch die Rezeption der Antike und der Zurschaustellung der Fähigkeiten der eigenen Zeit in Form von Dürers gekonntem Kupferstich, der im neuesten Medium seiner Gegenwart, im Druck, weite Verbreitung finden konnte. Dieser Widerspruch zwischen christlicher Morallehre, biblisch begründeter Heilsgeschichte und zugleich unbändigem Willen zur Ausschöpfung des Lebens in der Nachahmung und Übertreffung der Antike kennzeichnet eine ganze Epoche: Willkommen in der Zeit um 1500!
Anhand von fünfzig Querschnitten nähern wir uns in den folgenden Kapiteln dieser aufregenden Zeit der Renaissance und der humanistischen Rückbesinnung auf die Antike an der Wende vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit. Es ist eine Welt in Bewegung, die nach neuen Antworten auf alte Fragen sucht und dabei die moderne Welt grundlegt, zugleich aber auch in mittelalterlichen Denkmustern fest verhaftet ist. Gerade hier wird sichtbar, wie entscheidend ein Verständnis der fernen Epoche des Mittelalters ist, um unsere Gegenwart wirklich zu verstehen. Das Konzept dieser Annäherung ist dabei gezielt einfach und klar gehalten: Es sind fünfzig Kunstwerke Albrecht Dürers, die fünfzig Einblicke in die Welt des ungewöhnlichen Künstlers erlauben. Der Hase, der hier zu Füßen der menschlichen Stammmutter Eva von hinten zu sehen ist, lässt bereits vermuten, dass auch einige der bekanntesten Werke des Nürnberger Meisters zu den Anknüpfungspunkten gehören. Doch auch weniger bekannte Werke sind darunter, denn der Fokus liegt hier nicht auf der Kunst, sondern auf der Geschichte, soweit man diese beiden Bereiche für den berühmten Nürnberger überhaupt trennen kann.
Dürer ist schon lange, insbesondere seit dem Aufkommen seines Kultes in der Romantik des frühen 19. Jahrhunderts vor allem selbst ein Objekt der Beschreibung: Man blickt auf seine Kuns