: Hans-Jürgen Schleicher
: Alchemist Erzählung einer Pilgerschaft
: TWENTYSIX EPIC
: 9783740742492
: 1
: CHF 6,70
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 212
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zeit: Das 16. Jahrhundert, gleich Renaissance und frühe Neuzeit. Örtlichkeiten: Beginn in Burgund, Venedig als wichtiger Aufenthalt, Endpunkt Harran, in der heutigen Türkei. Person: Ein Arzt und Alchemist auf seiner Lebensfahrt, in der es ihm um Erkenntnis und Selbstentwicklung geht. Ein Sucher nach dem Stein der Weisen, dem Lebenselixier. Gnosis und Sufismus. In einer weiteren Rolle: Guillaume Postel, französischer Sprachforscher, Kabbalist und Verkünder der Wiederherstellung aller Dinge, der aber nur als Abwesender seinen Auftritt hat.

Geboren am 27.11.1949 in Ulm/Donau. Dort auf die Waldorfschule gegangen und Abitur gemacht. Anschließend in Stuttgart Architektur studiert, mit einem Ausflug in die Bildhauerei (Alanus-Hochschule). Im Berufsleben vor allem als Entwurfs- und Wettbewerbsarchitekt tätig, überwiegend in freier Mitarbeit in verschiedenen Büros in und um Stuttgart. In Fellbach Mitarbeiter und Mitbegründer eines privaten Kulturforums, mit Seminar-, Vortrags- und Ausstellungsbeiträgen. 1987 erscheint das Sachbuch"Architektur als Welterfahrung" im S. Fischer Taschenbuch Verlag. Später dann Übergang zu eher literarischen Produktionen wie Romane, Novellen, Gedichte. Mehr zu diesen Texten und Entwürfen kann man auf der Website"www.architexxt.d " erfahren.

Schuld

Bis heute kann ich mir diese Schuld nicht vergeben. Kann sie nicht vergessen. Sie hat sich allem eingeschrieben, was ich später getan oder erlebt habe. Warum war ich feige, habe mich umgedreht, hastig zurückgezogen, erfüllt von der Angst, jemand könnte mich erkennen, könnte auf mich zeigen? Habe mein Gesicht hinter einem Ärmel verborgen, vorgeblich, um meine durch den Rauch gereizten Augen zu reiben - durch den rußenden, stinkenden Rauch gereizt, den Rauch, der voller Qualen war, voller Schmerz, Unverständnis und hilflosem Flehen nach mir, dem Vater, dem Ehemann, der doch alles richten konnte, immer alles gerichtet hatte...

Der nichts richten konnte, der sich davon machte, auf die Rettung seiner eigenen Haut bedacht, der so weit lief, wie ihn seine Beine nur tragen konnten, weit weg, bis er keinen Atem mehr hatte, fort von den Schreien und dem Entsetzen der geliebten Menschen... Armseliger Vater, nicht fähig, sich selbst zu opfern, um die Unschuldigen zu retten... Armseliger Mann, nicht vorausschauend genug, um diesen Alptraum zu vermeiden... Warum war ich nicht geblieben, hatte ich nicht versucht, was zu versuchen möglich gewesen wäre und so mein Schicksal mit dem ihren verbunden... Es gibt keine Ausrede, keinen Einwand der Vernunft – wie: dass es am Ende zu spät war und nicht mehr zu verhindern gewesen, dass wir dann alle zusammen umgekommen wären - der mich von der Schuld freispricht, nicht an ihrer Seite dieselben Qualen wie sie durchlitten zu haben. Qualen, die nur durch mich über sie gekommen waren - durch mein verhängnisvolles Zögern.

Mein feiges Überleben war die eigentliche Schuld. Doch die Schuld davor war mein Nicht-Wahrhaben-Wollen der Situation, mein Zurückschrecken vor den Konsequenzen, die ich daraus hätte ziehen müssen. Jetzt war ich Flüchtling, nur mit dem entkommen, was ich an mir trug - wäre ich aufmerksamer gewesen, geistesgegenwärtig