1. KAPITEL
Patrick Stafford wartete schon eine ganze Weile auf den Tierarzt und atmete erleichtert auf, als endlich ein Fahrzeug in die lange Zufahrt einbog. Leider erkannte er weder den schlammverkrusteten Wagen noch die Frau, die ausstieg. Er verspürte einen kurzen Anflug von Enttäuschung, weil es nicht der Arzt war, und sein Pferd so lange auf eine Behandlung warten musste, aber da er ein Mann mit einem Blick für attraktive Frauen war, war sein Interesse dennoch sofort geweckt.
Die Besucherin war hochgewachsen und schlank. Sie trug eine Lammfelljacke über einem karierten Hemd, das in einer schmal geschnittenen Jeans steckte, dazu einen breiten brauen Gürtel um die schmale Taille und staubige Cowboystiefel an den Füßen. Was bedeutete, dass sie so angezogen war wie die meisten Frauen auf den Ranches in Haven, Nevada. Weshalb er nicht verstand, warum er sie so unwiderstehlich fand.
Trotzdem ließ er sie nicht aus den Augen. Das braune Haar war zu einem langen Zopf geflochten, und erst als sie näherkam, sah er, dass es in der Nachmittagssonne rötlich schimmerte.Wie Bronze und Kupfer, dachte er. Ihre Augen hatten die Farbe von dunkler Schokolade und waren von langen Wimpern umrahmt. Sie lächelte nicht, aber ihr Mund war dennoch verführerisch geformt. Als sein Blick eine Sekunde lang auf ihre Lippen fiel, wurde Patrick bewusst, wie lange er schon keine Frau mehr geküsst hatte – oder es auch nur gewollt hatte.
Er verscheuchte den unerwünschten Gedanken hastig und konzentrierte sich wieder auf die Besucherin. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“
„Eigentlich bin ich hier, um Ihnen zu helfen. Ich bin Dr. Langley.“ Jetzt lächelte sie und streckte ihm eine Hand entgegen.
Er schüttelte sie automatisch und registrierte dabei die langen, schmalen (und ringlosen!) Finger, die kurzen gepflegten Nägel und den festen Griff. „Patrick Stafford“, erwiderte er und runzelte dann verwirrt die Stirn. „Sie sind aber nicht Dr. Langley.“
„Na ja, ich habe mein Diplom gerade nicht dabei, aber ich kann Ihnen gern meinen Führerschein zeigen“, bot sie an und nahm den Rucksack von der Schulter, sodass er den Aufnäher mit dem V und dem Äskulapstab sehen konnte – das Symbol ihres Berufs.
Sie war tatsächlich Tierärztin, doch er war immer noch verwirrt. „Ich erinnere mich noch an Dr. Langley. Als ich klein war, ist er oft auf die Crooked Creek Ranch gekommen, und Sie sind ganz eindeutig nicht er.“
„Das dürfte dann mein Vater gewesen sein“, erklärte sie. „Dr.Bruce Langley. Ich bin Dr.Brooke Langley.“
Das ergab Sinn, denn Bruce war wesentlich älter gewesen, hatte grau meliertes Haar und eine stämmige Figur besessen, die vermittelte, dass er mit den Nutztieren umgehen konnte, die er als Patienten seiner ländlichen Praxis behandelte.
„Wo ist Ranger denn?“, fragte sie.
„Vielleicht war ich bei meinem Anruf nicht deutlich genug“, antwortete Patrick zögernd. „Denn Ranger ist ein zwölfhundert Pfund schwerer Hengst und im Moment