Kapitel 1
Traust du dich?
»Ich sehe absolut lächerlich aus.« Erin mustert sich skeptisch, ehe sie den Blick auf mich richtet. »Wieso müssen wir noch mal auf diese Party?«
»Weil wir sowieso nichts Besseres vorhaben und die ganze Schule über die Halloweenpartys in der alten Fabrikhalle spricht«, erinnere ich sie.
Colleen neben mir zwirbelt eine Strähne ihres vollen, dunklen Haares. In ihrem schwarzen Kleid und den Lackschuhen sieht sie eher aus, als wollte sie auf eine Beerdigung gehen, aber das sage ich ihr nicht. Weil ich heilfroh bin, dass die beiden mich begleiten.
Entschlossen quetsche ich mich zwischen sie und hake mich bei ihnen unter. »Der Abend wird super, ganz sicher. Außerdem mögt ihr doch Halloween.«
Erin zupft an ihrem weiß-löchrigen Gewand, das wir mit Ketchup verziert haben, weil in ganz Rootley kein Kunstblut zu bekommen war. »Nur, wenn ich ihn auf der Couch mit ein paar Horrorfilmen verbringen kann.«
»Ich wäre auch lieber zu Hause.« Colleen verlagert ihr Gewicht von der einen auf die andere Seite. »Wollen wir uns nicht einfach ein paar Tacos holen und den Halloween-Marathon reinziehen?«
Ich bedenke die beiden mit einem langen Blick. »Wir haben doch darüber gesprochen. Ihr wisst, wofür wir das machen.«
Erin presst die Lippen aufeinander, dann nickt sie. »Ist ja nur ein Abend. Was soll schon schiefgehen?«
Bis zur alten Fabrikhalle ist es nicht mehr weit, die Musik höre ich jetzt schon. Unangenehm brennt sich der Bass unter meine Haut und verursacht, gepaart mit dem Lachen meiner Mitschüler, ein Kribbeln in meinem Magen. Fakt ist, dass ich selbst keine große Lust habe, Halloween zu feiern. Aberer ist hier – und diese Chance darf ich mir nicht entgehen lassen.
Ich straffe die Schultern, treibe meine Freundinnen zur Eile an und laufe über die dunkle Straße, die nur hier und da von Laternen erhellt wird. Der Himmel sieht aus, als würde es jeden Moment zu regnen beginnen, aber noch hält sich das Wetter. Hoffentlich ist mein Make-up wasserfest.
Aus den Augenwinkeln werde ich auf eine Gruppe Teenager aufmerksam, dieSüßes oder Saures schreiend um die Häuser zieht. Vor zwei Jahren bin ich beiTrick or Treat noch dabei gewesen, mittlerweile fühle ich mich zu alt dafür. Auch wenn ich mich für einen Moment danach sehne, nach meinem Kürbiseimer zu greifen, von Tür zu Tür zu laufen und mir mit Süßigkeiten den Bauch vollzustopfen.
»Wir sind da.« Colleen deutet mit dem Zeigefinger auf ein heruntergekommenes Gebäude hinter dem Dusty River. Keine Ahnung, wofür es früher mal genutzt wurde. Es steht leer, solange ich mich erinnern kann, und wird für die unterschiedlichsten Partys genutzt.
Mein Herz verkrampft sich, als ich die Straße hinabgehe, über die baufällige Brücke, den Fluss entlang, am Tannenwäldchen vorbei. Die Musik wird lauter und ich immer unsicherer.
»Wir schauen einfach mal, wie die Stimmung ist, okay?«, rufe ich meinen Freundinnen zu und habe Mühe, gegen den Bass anzukommen, der so sehr dröhnt, dass ich am liebsten auf dem Absatz kehrtmachen würde.
»Hoffentlich gibt’s was zu essen«, knurrt Erin. Durch ihre kurzen Haare, die sie zum Sidecut trägt, zieht sich eine weiße Strähne.
»Ich darf nicht so spät zu Hause sein, ich hab morgen früh Gesangsunterricht«, erinnert Colleen mich.
Vor der Fabrikhalle lungern zwei Typen herum, die uns dümmlich angrinsen. Zigaretten in den Händen, blasen sie Rauchschwaden in die Luft.
»Mit der Deko haben sie sich ja richtig viel Mühe gegeben.« Bissig deutet Colleen auf eine Plastikspinne, die irgendjemand an die Außenwand geklebt hat. »Wenn da keine Stimmung aufkommt, weiß ich auch nicht.«
»Und