1. KAPITEL
Was wohl die Barden über uns singen werden?“, fragte Sir Alain de Banewulf seinen Freund, als sie beide die Zügel anzogen und ihre Pferde zum Stehen brachten. Nachdenklich ließ er seinen Blick über die Landschaft aus hell beschienenen Hügeln und grünen Tälern schweifen. Einige Monate war es nun her, seit sie der sengenden Hitze des Heiligen Landes den Rücken gekehrt und sich den Streitkräften angeschlossen hatten, die auf dem Weg zurück nach England waren. „Wird man sich erzählen, dass wir versagt haben? Oder wird man uns für die Einnahme von Akkon loben?“
Sir Bryne of Wickham musterte ihn und kniff die Augen ein wenig gegen die Sonne zusammen. Der Jüngere wirkte außergewöhnlich niedergeschlagen – seit Tagen hatte er nur geschwiegen. Vielleicht war er nun endlich bereit, darüber zu sprechen, was ihn bekümmerte. „Bist du immer noch enttäuscht, dass wir Jerusalem nicht den Ungläubigen entreißen konnten?“
Alain schwieg eine Weile, während er überlegte, was er dem Mann antworten sollte, der ihm in den letzten Jahren wie ein Bruder zur Seite gestanden hatte Sie hatten gemeinsam gekämpft, sich gegenseitig Deckung gegeben, und der eine hatte für den anderen sein Leben riskiert. Bryne war sein engster Freund, und dennoch konnte Alain nicht einmal ihm die Leere in seinem Inneren erklären.
„Nach dem Zerwürfnis König Richards mit Philipp von Frankreich ließ der französische König uns im Stich. König Richard blieb keine andere Wahl, als dem Vertrag mit Saladin zuzustimmen. Wir Christen sollten ihm wohl dankbar dafür sein, dass die Heilige Stadt nicht einfach für jeden Gläubigen geschlossen wurde. Hätte Richard weitergekämpft, wäre vielleicht alles verloren gewesen.“
„Und doch lässt sich nicht leugnen, dass der Einfluss des Christentums ganz erheblich geschwächt wurde.“
„Dann haben wir also versagt“, stellte Alain fest und fühlte die Last der Niederlage schwer wie ein Kettenhemd auf sich sinken. „Möge Gott und die Geschichte uns vergeben.“
„Versagt?“ Bryne zog die Augenbrauen hoch. Viele andere Männer wären mehr als zufrieden gewesen, hätten sie so viel erreicht wie sie beide.
Alain und Bryne waren nach dem Sieg bei Akkon zu Reichtum gekommen, der zu einem großen Teil dem Umstand zu verdanken war, dass sie dem Sohn eines Handelsherrn das Leben gerettet hatten. Ali Bakhar hatte seine Dankbarkeit für die unversehrte Heimkehr seines Sohnes mit kostbaren Edelsteinen, aus Gold gefertigten Kunstgegenständen, wertvoller Seide und teuren Gewürzen vergolten. Noch viel wichtiger aber war die von ihm erteilte Erlaubnis, in den Gewässern zwischen Venedig und Zypern freien Handel treiben zu dürfen. Damit hatten sie etwas, ohne das viele abenteuerlustige Kaufleute vor ihnen ihr Leben gelassen hatten: das Geheimnis echten Erfolgs in diesem Teil der Welt.
Bryne hatte zur Vorsicht geraten, woraufhin sie ihr Vermögen nach Italien gebracht und dort in die Obhut einer einflussreichen Bankiersfamilie gegeben hatten.
Außerdem hatte er dafür gesorgt, dass jegliche Preziosen, die sie während des Kreuzzugs erobern sollten, in ihrem Namen zu der Schiffsflotte eines Freundes gebracht wurden. Als König Richard beschlossen hatte, das Heilige Land zu verlassen, waren Bryne und Alain mit ihm nach Zypern gesegelt und von dort über Messina nach Rom gereist. Dort angekommen hatten sie festgestellt, wie unermesslich reich sie beide geworden waren, da Brynes Freund ihre Schätze klug angelegt hatte, wodurch ihr Vermögen in den vergangenen Jahren auf das Hundertfache angewachsen war. Ihr Gold hatten sie bei ihm gelassen und nur die Bankbürgschaft und genug Silber für die Heimreise mitgenommen. Sie würden sich in Frankreich und England alles kaufen können, wonach ihnen der Sinn stand.
„Mancher mag das für Versagen halten“, stimmte ihm Bryne nach kurzem Nac