Stunden der Sehnsucht
von Alex Spohr und Nathander Weise
Mein Name ist Yasmina saba-es-Sulef und ich bin eine Geweihte der Rahja. Geboren wurde ich in der mondsilbernen Stadt Zorgan, der immer noch mein Herz und meine Seele gehören, die sich jedoch beides mit der Serenissima teilen muss. Schon länger wohne ich in Belhanka, um der Göttin in ihrem wichtigsten Tempel zu dienen. Von Zeit zu Zeit reise ich aber durch halb Aventurien, denn anders als viele meiner Glaubensbrüder und -schwestern bin in gerne unterwegs und scheue auch die Strapazen einer langen Reise nicht.
Obwohl man es nicht erwarten würde, bin ich doch schon in so manches Abenteuer gestolpert. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Vorfälle in der Bardo-Therme in Gareth, die Jagd nach dem Schwertkönig und an weitere Abenteuer, die mich nach Zorgan führten und in denen ich in großer Gefahr schwebte. Der Göttin ist es zu verdanken, dass ich gute Freunde auf meiner Seite weiß, etwa Djidhe, Sulvario und Amaziella, aber auch einige andere, denen ich versprochen habe, ihre Namen nicht zu nennen, um sie nicht in Schwierigkeiten zu bringen.
Von einem dieser kleinen Abenteuer will ich euch berichten, denn es war ein lehrreiches Erlebnis für mich und mag ebenso den Leser und die Leserin inspirieren. Zudem wird meine Geschichte offenbaren, dass viele Gerüchte, die über Rahjageweihte im Umlauf sind, schlicht und ergreifend falsch sind. Sehr wohl sind wir in der Lage zu lieben – und damit meine ich nicht auf körperliche Art. So mag mein Bericht dabei helfen, das Bild über meine Glaubensgeschwister und mich zu schärfen und mit einigen Vorurteilen aufzuräumen. Nicht verschweigen möchte ich, dass meine Geschichte auch dazu dient, meine Fähigkeiten als Schriftstellerin der rahjagefälligen Erzählung zu üben, die ich den letzten Monden sträflich vernachlässigen musste.
Vor ein paar Wochen ereignete sich in Belhanka ein bemerkenswerter Zwischenfall, dem die halbe Inneneinrichtung des Hotels Imperial, sämtliche Nerven des Besitzers und mein Herz zum Opfer fielen. Doch am besten beginne ich ganz am Anfang, denn die Geschichte ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Sie verrät mehr über die Ansichten einer Rahjageweihten über die Liebe und darüber, dass der erste Eindruck täuschen kann.
In keiner anderen Stadt kann man so viele schöne Orte entdecken, wie in der Serenissima. Ich lebe schon viele Jahre hier und keinen einzigen Tag bereue ich. Der Palast Rahjas auf Deren ist meine Heimat und wann immer ich durch die Straßen Belhankas ziehe, entdecke ich dort in vielen Kleinigkeiten und Alltäglichem das Wirken der Göttin.
Wenn ich an den Höfen der Abendröte vorbeischlendere, halte ich stets einen Moment inne, um die wunderschönen und einzigartigen Fassaden der Gebäude zu bewundern. Führt mich mein Weg zur Blumenbörse, suche ich nach Aromen, die ich noch nicht kenne, und bei Rahja, ich entdecke immer wieder neue Gerüche. Gehe ich zufällig an Haraldsons Bäckerei vorbei, die den Namen „Zauberhafte Zuckerwaren“ trägt, probiere ich voller Leidenschaft die neueste Kreation des Meisters aus