: Roger Graf
: Üble Sache, Maloney!
: Atlantis Literatur
: 9783715275246
: 1
: CHF 16.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sein bester Freund ist Whisky, er schläft am liebsten auf dem Boden unter dem Schreibtisch in seinem schäbigen Büro. Der kauzige Privatdetektiv begeistert seit über dreißig Jahren zahllose Krimifans, und das nicht nur in der Schweiz. Auch in Deutschland ist Philip Maloney längst Kult, und seine haarsträubenden Fälle machen süchtig. Der vorlaute Schnüffler mit zweifelhaftem Charakter und ständigen Geldsorgen hat immer einen frechen Spruch auf den Lippen und hangelt sich geschickt von Fall zu Fall und von Leiche zu Leiche. Nur die Frauen hemmen mitunter seine Zielstrebigkeit - und die Ermittlungen. Und noch einen Störfaktor gibt es: Hugentobler, seines Zeichens Kripobeamter, der sehr viele Makel hat, was Maloney so auf den Punkt bringt: »Dümmer als Topflappen.«

Roger Graf, 1958 in Zürich geboren, schrieb bereits während seiner Ausbildung zum Sportartikelverkäufer erste Gedichte und Kurzgeschichten. Er verfasste Filmkritiken und ersann fürs Radio Satiren, Sketche, Spiele und Nonsens. 1989 konzipierte Graf die Hörspielreihe Die haarsträubenden Fälle des Philip Maloney. Er schrieb und produzierte während 30 Jahren über 400 Folgen und ist Autor von zehn Kriminalromanen. Graf lebt als Hörspielautor und Schriftsteller in Zürich.

Der große Schlaf


Es war eine dieser putzigen Villen, in denen ein Ehepaar problemlos zusammenleben kann, weil es sich oft wochenlang nicht begegnet. Ich ging durch das alte schmiedeeiserne Tor und klingelte. Ein Gong dröhnte durch das Haus. Ich zündete mir eine Zigarette an und wartete. Es dauerte eine Ewigkeit und drei Zigaretten, bis endlich jemand öffnete. Sie sah aus wie die Mädchen in den Heften, die wir uns als Jungs unter der Schulbank weiterreichten. Ich beschloss, vorsichtig zu sein.

»Ich bin Philip Maloney. Frau Winter erwartet mich.«

»Ich bin Frau Winter.«

»Hab ich mir beinahe gedacht.«

»Wie meinen Sie das?«

Ich ging nicht weiter darauf ein. Frau Winter führte mich in den Salon. Ein kleines, hübsches Zimmer, in dem man alle Obdachlosen der Stadt problemlos hätte unterbringen können. In einer Ecke stand ein Stuhl. Frau Winter schenkte sich einen Martini ein. Ich lehnte dankend ab. Morgens trinke ich nur Whisky. Dann kam sie zur Sache.

»Sie wissen, wer mein Mann ist?«

»Vermutlich Herr Winter.«

»Genau. Max Winter, einer der führenden Forscher auf dem Gebiet der Milchschokolade. Es ist ihm gelungen, eine schmelzsichere Schokolade zu entwickeln. Die Araber würden Millionen für die Formel springen lassen. Stellen sie sich einmal vor: Sie spazieren durch die Sahara und sind im Besitz von schmelzsicherer Schokolade!«

»Phänomenal. Darauf hat die Menschheit Jahrtausende gewartet. Und was soll ich jetzt tun?«

»Die Formel finden.«

»Tut mir leid. Ich mache mir nichts aus Zahlen, außer sie stehen auf einem gedeckten Check.«

»Sie werden auf Ihre Rechnung kommen. Gestern Abend wurde bei uns eingebrochen. Die Diebe wussten genau, was sie suchten. Stellen Sie sich einmal vor, die Formel gerät in die falschen Hände – nicht auszudenken.«

Sie blickte entsetzt auf den Kronleuchter, der über uns hing. Dann trank sie noch einen Martini. Ich blieb trocken. Martini schlägt bei mir auf die Blase, und ich hatte Angst, mich auf dem Weg zur Toilette zu verirren und Wochen später in irgendeiner Abstellkammer durch üblen Verwesungsgeruch unangenehm aufzufallen. Ich fragte Frau Winter noch nach einigen Einzelheiten.

»Lieben Sie es auch, nackt vor dem Fernseher zu sitzen?«

»Bitte?«

»War nur so eine Idee. Vielleicht wäre es gut, wenn ich noch mit Ihrem Mann sprechen würde. Möglicherweise hat er irgendeinen Verdacht.«

»Tut mir leid. Mein Mann schläft.«

Ich schlug vor, ihn zu wecken. Frau Winter schüttelte nur den Kopf und begann zu weinen. Ihr Mann war nach dem Einbruch so außer Fassung geraten, dass er in einen Tiefschlaf versank, aus dem er nicht mehr erwachte.

»Haben Sie es schon mit Wasser versucht?«

»Wasser, Martini, Milch, Kaffee – es hilft alles nichts.«

Ich verabschiedete mich und ging in mein Büro. Ich blätterte ein wenig in der neuesten Ausgabe des Telefonbuches. Es ist ganz erstaunlich, was sich die Autoren Jahr für Jahr neu ausdenken. Dann klopfte es an meiner Tür. Die gesamte Kosmetikabteilung eines Warenhauses schob sich elegant in mein Büro. Sie war einfach umwerfend.

»Sie dürfen ruhig wieder aufstehen, Maloney.«

»Aus welchem Strumpfhosen-Werbespot sind Sie denn entstiegen?«

»Ich bin die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt, Maloney.«

»Ich stehe mehr auf Salzgebäck.«

»Vielleicht möchten Sie einige Details über Frau Winter