: Marcel Huwyler
: Der lila Seeteufel Der zweite Fall für Eliza Roth-Schild
: Atlantis Literatur
: 9783715275239
: Ein Fall für Eliza Roth-Schild
: 1
: CHF 13.40
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ihre Mandanten sind reich, mächtig, prominent - und mit allen Wassern gewaschen. Sie schätzen Eliza Roth-Schilds Geschick bei der Informationsbeschaffung (über unlautere Methoden wird freimütig hinweggesehen) und ihre Diskretion. So auch Kuno Schenk, der sich vom Sanitärinstallateur zum Selfmade-Millionär gemausert hat. Seine Tochter beabsichtigt, einen gewissen Ken Bauer zu heiraten, doch der Vater hegt Zweifel an den Absichten des Zukünftigen. In kurzer Zeit ist der Mann zu viel Geld gekommen, und obwohl seine Geschäfte inzwischen weniger gut laufen, wächst Bauers Privatvermögen weiter an. An seiner Geburtstagsparty soll Eliza den Schwiegersohn in spe intensiv durchleuchten. Nicht weniger als ein ganzes Grand Hotel am Ufer des Bodensees hat er sich selbst zu Ehren gemietet. Im Anschluss will er im kleinen Kreis auf seinem opulenten Hausboot weiterfeiern. In ihrem ersten Leben als Unternehmergattin waren Kreuzfahrtschiffe und Luxusliner Elizas zweites Zuhause, und so mischt sie sich unter die exklusive Gästeschar. Bei ihren Spionagen unterstützt wird sie von Taxifahrer Herrn Wälti, der Eliza in den dunkelsten Stunden zur Seite stand und in dem ungeahnte Talente schlummern. Denn als Chauffeur taugt er nicht nur an Land, sondern auch auf dem Wasser, und sein analytischer Blick lässt jeden FBI-Profiler blass aussehen.

Marcel Huwyler ist mit seinen Krimis um Frau Morgenstern, von denen zahlreiche Fälle erschienen sind, bekannt geworden. 1968 im Schweizer Dorf Merenschwand geboren, schrieb er schon als Kind Kasperlitheater und tischte seinen Eltern die unglaublichsten Geschichten auf (»Verzell doch kei Gschichte. Und mach nid sones Theater!«). Nach sieben Jahren als Primarlehrer wechselte Marcel Huwyler in den Journalismus. Fast 25 Jahre lang schrieb er für Magazine Geschichten über seine Heimat und Reportagen aus aller Welt - ihn fasziniert Alltägliches, hinter dem sich Sagenhaftes verbirgt, am liebsten entdeckt und beschreibt er ganz normale ungewöhnliche Menschen. Heute lebt Marcel Huwyler in der Zentralschweiz, wo er liest, schreibt, kocht und Klavier spielt.

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Eliza duschte länger und heißer als üblich. Es galt, Ärger und Gemütsvibration von vorhin rasch loszuwerden.

Unter dem Wasserstrahl machte sie im Stehen ein paar Pilates-Übungen – Powerhouse, Helikopter und Floating Arms – und inhalierte gleichzeitig das besänftigende Odeur der Zirbelkieferseife, die sie eigens bei einer kleinen Seifenmanufaktur im Val Müstair orderte und Haut wie Seele gleichermaßen reinigte. Einen der kleinen Spleens, den Eliza sich gönnte, seit sie wieder jemand war. Und etwas besaß.

Pilates und Zirbelkiefer entfalteten ihre Wirkung, Eliza kam runter und wieder ins Lot. Nichts wäre an dem Tag geschäftsschädigender als eine Unternehmerin, die toughe Informationsbeschaffung anbot und dabei selbst einen enervierten Eindruck machte.

Der für heute Nachmittag angekündigte Kunde war wichtig. Weil reich, mächtig – und bekannt. Allseits bekannt, darum ja seine Heimlichtuerei.

Für gewöhnlich besuchte Eliza ihre Klienten für ein erstes Gespräch in deren vier Firmenwänden, zumeist in Eckbüros oder Sitzungszimmern auf der Teppichetage. Doch dieser Auftraggeber hatte darauf bestanden, sie außerhalb seines Unternehmens zu treffen. Aus Gründen der Diskretion, wie er kryptisch verlauten ließ. Keine Mitseher, keine Mitdenker, keine Mittratscher – ob sie verstehe? Sein Anliegen sei zu privat und überaus delikat. Aus denselben Gründen kam für ihn auch kein Meeting in einem Gastrobetrieb oder einer Hotellobby infrage.

Ob man sich in Ihrer Firma treffen könne?

Aber selbstverständlich, hatte Eliza ihm beschieden – die allerdings im eigentlichen Sinne gar keinen Firmensitz vorweisen konnte. Sondern lediglich ein Büro im Erdgeschoss des Jagdschlösschens, das sie mit Fabios Erlaubnis im Gelben Salon mit dem dänischen Gussofen hatte einrichten dürfen.

Noch nie hatte Eliza Kundschaft bei sich daheim empfangen. Aber sie hatte in den letzten Monaten und mit jedem neuen Auftrag lernen müssen, dass Unorthodoxes und Sonderwünsche in ihrer spinösen Dienstleistungsbranche beinahe schon Daily Business waren.

Um halb zwei Uhr wollte der Neukunde sie treffen.

Eliza hatte bei einem Eisenwarengeschäft in der Stadt ein dreißig mal zwanzig Zentimeter großes Messingschild anfertigen lassen und es mit Doppelklebeband an die Mauer rechts des Hauseingangs gepresst. Die vier mitgelieferten Schrauben warf sie in den Müll, das Firmenschild sollte lediglich den heutigen Nachmittag überstehen beziehungsweise kleben bleiben. Eine dauerhaftere Installation hätte Fabio ihr womöglich als zu breitmachend ausgelegt. Er ließ sie hier wohnen, Eliza wollte seine Gastfreundschaft nicht überstrapazieren.

Auf dem Schild war Elizas vollständiger Name eingelasert, darunter ihre Wirtschaftsspionagetätigkeit, auf Englisch, das klang akademischer und cleaner:Business Research. Mit Wolltuch und etwas Zahnpasta hatte sie das Messing auf Goldglanz gebracht.

Im Aufpolieren matter Wahrheiten war sie ja neuerdings Expertin.

Jedes Detail dem Kunden gegenüber war wichtig und entschied über Fortüne oder Misserfolg. Winzigkeiten konnten Großes bewirken. Das wusste niemand besser als Eliza Roth-Schild – mit dem klitzekleinsten Bindestrich zwischen ihren Familiennamen.

Der aktuelle Auftrag war über Veil, Spörry& Bovier hereingekommen. Die Zusammenarbeit mit der Kanzlei lief hervorragend. Seit Elizas Feuertaufe vor einem Dreivierteljahr wurden ihre Geheimdienste gut gebucht. Veil, Spörry& Bovier betreute zahlreiche Mandaten, die Elizas Fähigkeiten und Diskretion nutzten und schätzten.

Ihren erfolgreichen Geschäftsgang hatte sie primär Pierre Bovier zu verdanken. Ihm gehörte ein Drittel der Kanzlei – und Elizas ganzes Herz. Wenigstens glaubteer das.Sie war mit der Vergabe ihres liebenswertesten Organs zurückhaltender geworden, in letzter Zeit sowieso. Aber das war eine andere Baustelle.

Heute galt ihre volle Konzentration Kuno Schenk.

Im ganzen Land bekannt als »Kanal-Kuno«, ein mit allen Abwassern gewaschener Selfmade-Millionär. Und selbst ernannter »Fernsehdirektor eines Kloakensenders«, wie er gern überall herumerzählte.

Die Geschichte ging so: In den Achtzigern entdeckte der kleine Sanitärinsta