: Xaver Ludwig Cocker
: Vierzig schwüle Nächte 5 Homoerotische Märchen aus dem Land der lila Liebeslust
: Yeoj Selbstverlag
: 9783757937065
: Vierzig schwüle Nächte
: 1
: CHF 8.00
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: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 600
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sieben Männer flüchten sich in ein abgeschiedenes Haus und beginnen, sich zum Zeitvertreib Märchen im schwulen Gewand zu erzählen. In vierzig heißen Sommernächten dreht sich alles um wunderschöne Prinzen, lüsterne Ritter und sinnliche Hexenmeister. Begleiten Sie Schneeweißling und Rosenschoß durch den geheimnisvollen Wald, lernen Sie die Weisheiten des Phallusfachmanns kennen und finden Sie heraus, was es mit dem Fummelvogel auf sich hat! Garniert mit mehr als 60 Illustrationen.

Es ist nicht klar, wer sich hinter dem Namen des Autors verbirgt. Ist er ein renommierter Forscher der schwulen Kulturwissenschaft, in Fachkreisen hoch anerkannt von seinen Kollegen? Oder handelt es sich nur um das Pseudonym eines schüchternen Schreiberlings, der die Männerwelt mit sexy Stories beschenken will? Auf alle Fälle ist er jemand, der bereits vorab für eventuelle Tippfehler um Entschuldigung bittet.

Poperzenberg

Lange vor der Blütezeit des lila Lustlandes lebten einmal zwei Brüder. Einer arbeitete als Goldschmied und war verheiratet und hatte viele wohlgeratene Kinder. Der andere war Kornhändler und ledig und lebte einsam in seinem Hüttchen. Der Familienvater aber teilte sein Glück nicht mit dem Bruder: Er lud ihn nicht zu den Festen ein, ließ seine Kinder nicht beim Onkel spielen und stattete ihm niemals einen Besuch ab. All das war die Schuld seiner Frau, einem garstigen Weib. Der war ihr Schwager ein Dorn im Auge und sie sprach:

»Dein Bruder, Mann, ist nicht recht. Er lebt allein in seinem Hüttchen und nimmt sich kein Weib, ja, er schielt nicht einmal nach ihnen. Glaub mir, er ist einer jener verdorbenen Mannsbilder, die nur nach der Gesellschaft ihres eigenen Geschlechts gieren. Derer gibt es zuhauf in unserem Land und ich verachte sie zutiefst.«

Versuchte der Mann daraufhin, seinen Bruder zu verteidigen, giftete sie nur noch weiter:

»Soll er machen, was er will! Aber auf meinen Grund und Boden trete er keinen Fuß, und er soll es nicht wagen, in mein Haus zu kommen. Sein Wesen könnte auf unsere unschuldigen Kinder schlechten Einfluss nehmen, vergiss das nicht, Mann!«

Da musste der Goldschmied schweigen und verfiel ins Grübeln, und weil er kaum mit seinem Bruder ins Reden kam, seine Frau ihm aber jeden Tag in den Ohren lag, glaubte er bald selbst, dass der andere missraten sei und eine Gefahr für seine Söhne und Töchter darstelle. Also fristete der Kornhändler sein Leben in Einsamkeit, denn nicht nur blieb ihm die Freude an Familie verwehrt – das hätte er wohl noch ertragen – er war zudem der Einzige im Dorf, der mannmännlicher Liebe zugeneigt war. Da ging es ihm oft schlecht und kümmerlich in seinem Hüttchen, sodass er immer öfter aus der Enge des Heims fliehen musste und im Walde umherstreifte.

Einmal lief der Kornhändler ziellos durchs Gehölz, sammelte hier ein paar Zweige fürs Feuer, pflückte dort ein paar Blumen für den heimischen Abendbrottisch und sann über das Alleinsein nach. Wie er nun so unter den Bäumen ging, kam er an ein Wasser und trank daraus und es schmeckte gar köstlich. Als er sich aber an die Eiche, die neben dem Wasser stand, lehnte und seine Hand unter den Hosenknopf schob, um sie dort stöbern zu lassen, rief eine Stimme von oben herab:

»Geh weiter! Geh weiter! Ich sag’ es dir: Geh weiter!«

Ein blauschwarzer Rabe war’s, der auf einem Eichenast saß und krächzte. Der Kornhändler gehorchte und ging zur nächsten Eiche. Dort aber rief wieder ein Rabe:

»Geh weiter! Geh weiter! Ich sag’ es dir: Geh weiter!«

Und so schickten ihn die Raben immer weiter, elf Eichen lang bis zur zwölften, die am ältesten und gewaltigsten war. Da wollte er sich nicht weiterschicken lassen, aber die Eichen waren hier auch zu Ende, denn es standen nur jene zwölf in der Reihe und neben der zwölften befand sich ein freier Platz im Walde. Der Kornhändler erblickte zur Seite einen großen, kahlen Berg, und weil er den noch nie gesehen hatte, hielt er still und betrachtete ihn mit Verwunderung. Der Berg stieg zu beiden Seiten gleichmäßig in die Höhe und hatte mitten auf dem Gipfel einen tiefen Spalt, sodass es aussah, als bestünde er aus zwei halbrunden Erhöhungen, die an jener Stelle, wo sie sich trafen, ein tiefes Geheimnis bergen wollten.

»Er schaut aus wie ein ri