: Dorothee Döring
: Scham Einem belastenden Gefühl auf der Spur
: Facultas / Maudrich
: 9783991113867
: 1
: CHF 12.30
:
: Lebensführung, Persönliche Entwicklung
: German
: 140
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Scham ist ein zutiefst menschliches, aber auch quälendes und sehr unangenehmes Gefühl. Es begegnet uns auf Schritt und Tritt als soziale Kontrolle, fragt ständig nach der Richtigkeit unseres Verhaltens und findet sich in allen Gesellschaftsformen und Kulturen als wichtiges Korrektiv, abhängig von den dort gelebten Normen und Werten. Weil Scham zum Mensch-Sein gehört, in zwischenmenschlichen Beziehungen akut werden und uns klein machen kann, ist es wichtig, Scham zu erkennen und zu verstehen, um kompetent mit ihr umzugehen. Dieser Ratgeber zeigt die konstruktive und destruktive Seite eines tabuisierten Gefühls, geht den Ursachen und Auswirkungen nach und zeigt, wie es möglich ist, konstruktiv mit diesem Gefühl umgehen zu können.

Dorothee Döring ist Autorin, Dozentin, Referentin sowie Kommunikations- und Konfliktberaterin, seit 2002 ist sie m Segment 'Persönlichkeitsbildung' tätig. Ihr heutiger Arbeitsschwerpunkt liegt im Bereich 'Kommunikation' und 'Konfliktmanagement'. Sie lebt und arbeitet in Kempen/Niederrhein. Durch ihre zahlreichen Veröffentlichungen, Lesungen und Vorträge, Seminare und regelmäßigen Interviews zu Lebenshilfeschwerpunkten ist sie medial präsent. www.dorotheedoering.de

Prägung und Erziehung

Für Schamgefühle gibt es die verschiedensten Ursachen. Die meisten sind besonders schmerzliche Erlebnisse in unserer Prägephase.

Die Prägung

Prägung ist ein Begriff aus der Verhaltensbiologie und bezeichnet eine irreversible Form des Lernens: Während eines meist relativ kurzen, genetisch festgelegten Zeitabschnitts, den man als Prägephase bezeichnet, wird die Reaktion auf einen bestimmten Reiz der Umwelt derart dauerhaft ins Verhaltensrepertoire aufgenommen, dass sie danach wie angeboren erscheint. In diesem Zusammenhang hat der Verhaltensforscher Konrad Lorenz für seine Forschung mit Küken von Graugänsen 1973 den Nobelpreis für Medizin erhalten.

Unter Prägung des Menschen versteht man, dass sich bestimmte Einflüsse nachhaltig auf ihn auswirken. Eine depressive Mutter kann beispielsweise eine krankhafte Prägung bei ihrem Kind hinterlassen. Daneben ist auch die soziokulturelle Prägung, z. B. durch einen bestimmten Beruf oder Lebensstil der Eltern, von großer Bedeutung. Auch Menschen, die in als beschämend empfundener Armut aufwachsen mussten, sind davon geprägt und tun oft alles, um nie wieder in eine solche demütigende Lage zu geraten.

Wenn Eltern selbst für ihre Kinder sorgen möchten, werden sie Scham empfinden, wenn sie es nicht können und auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Kinder werden von der Scham ihrer Eltern geprägt. Sie schämen sich für ihre Eltern, wenn diese

sich Nahrungsmittel von der „Tafel“ holen müssen,

es nicht aus eigener Kraft schaffen, sie vernünftig für die Schule auszustatten,

schon lange keine Erwerbsarbeit mehr haben,

beim Ausfüllen von Formularen auf die Hilfe anderer angewiesen sind oder

bei einem Amt oder einer Behörde auf die Gunst der Angestellten hoffen müssen.

Solche Situationen machen deutlich, dass Scham ein deutliches Alarmsignal dafür ist, dass zentrale Bedürfnisse oder die Menschenwürde angegriffen oder verletzt werden.

Besonders oft ist Scham bei denen zu beobachten, die während ihrer Kindheit in Armut leben mussten und deshalb gehänselt und ausgegrenzt wurden. Auch Missbrauch (seelischer oder körperlicher) wirkt sich prägend aus, verhindert eine ungestörte Entwicklung der Persönlichkeit und kann Kinder zu unsicheren, abhängigen und ängstlichen Erwachsenen werden lassen.

Die Erziehung

Im Gegensatz zur Prägung verfolgt Erziehung bewusst ein Ziel, nämlich eine positive Entwicklung des Kindes zu unterstützen und negative, unerwünschte Eigenschaften zu sanktionieren und zu unterdrücken. In diesem Prozess bleibt es nicht aus, dass das Kind in bestimmten Situationen das Gefühl der Scham erleidet.

Etwa ab dem Kindergartenalter sind Menschen in der Lage, Scham zu empfinden. In dieser Phase ist es Kindern bereits möglich, eigene Unzulänglichkeiten in Bezug auf bestimmte Wertmaßstäbe und Regeln wahrzunehmen. Sie lernen Verbote oder Gebote, wissen schon, was Lob und Tadel ist, und schämen sich, wenn sie ausgeschimpft werden. Voraussetzung für diese Emotion ist allerdings e