1. KAPITEL
Zoe starrte aus dem Fenster der Villa auf eine perfekte Postkartenidylle aus schneeweißem Sandstrand, azurblauem Wasser und sich sanft wiegenden Palmen. Die Stille wurde nur von dem Gezwitscher der exotischen Vögel durchbrochen, welche die herrliche Insel Sri Lankas bevölkerten. Wenn sie doch nur zu einer ähnlichen inneren Ruhe finden könnte, wie die traumhafte Umgebung sie ausstrahlte! Doch egal wie friedlich die Szenerie auch wirken mochte, sie selbst war ein einziges Nervenbündel – und all das nur, weil sie in der nächsten Stunde Matt wiedertreffen würde.
Reiß dich zusammen, Zoe.
Hier ging es nicht um sie. Es ging einzig und allein um Beth, ihre geliebte, ältere Schwester. Zoe war nach Sri Lanka gekommen, um Beths Hochzeit mit Dylan zu feiern. Es war einfach ein unglücklicher Zufall, dass Dylans bester Freund und Trauzeuge ausgerechnet Matt Sutherland war. Natürlich wäre sie selbst Matt nie begegnet, wenn er und Dylan nicht befreundet gewesen wären. Vor fünf Jahren hatte sie zugestimmt, dass Beth ein Date zwischen ihnen arrangierte – ein einziger Mojito, auf den ein Dinner gefolgt war. Und sie hatte sich hoffnungslos verliebt. Sechs Monate später hatte sie festgestellt, dass sie ungewollt schwanger geworden war, worauf sie überstürzt geheiratet hatten.
Nur zu gut erinnerte sie sich an den Schmerz, den sie empfunden hatte, als sie das Baby früh verlor. Sie war grade mal in der zehnten Woche gewesen. Natürlich hatte sie gewusst, dass noch nichts „sicher“ war, doch das hatte an dem Kummer nichts geändert.
„Es gibt keinen besonderen Grund“, hatte der Arzt auf ihre Frage geantwortet, warum sie das Baby verloren hatte. „Und es gibt auch keinen Grund, es nicht wieder zu versuchen.“
Tatsächlich wusste Zoe in diesem Moment mit absoluter Sicherheit, was sie wollte – zwar hatte sie nicht geplant, ein Kind zu bekommen, aber die kurze Schwangerschaft hatte ihr deutlich gemacht, dass sie sich eine Familie wünschte. Ja, dass sie unbedingt Mutter werden und das Familienleben haben wollte, das ihr selbst nie vergönnt gewesen war.
Doch dann teilte Matt ihr mit, wie er darüber dachte – und ließ damit die Bombe platzen, die ihrer kurzen, unglückseligen Ehe den Todesstoß versetzte. Worte, die sich wie schmerzende Wunden in ihr Gedächtnis eingebrannt hatten.
Ich empfinde nicht dasselbe, Zoe. Ich hätte mein Bestes gegeben, um ein guter Vater zu sein, aber ich will keine Kinder.
Fassungslos hatte sie ihn angestarrt. Seine Worte gaben ihr das Gefühl, dass alles zwischen ihnen eine einzige Lüge gewesen war.
Warum hast du das nicht gesagt?
Weil es sinnlos gewesen wäre. Du warst schwanger und ich …
Du wolltest das Beste aus der Situation machen.
Ganz dünn und gepresst hatte ihre Stimme geklungen, während sich kalte Trauer in ihrem Herzen ausbreitete.
Sie wusste sofort, dass sie nicht mit einem Mann leben konnte, der keine Familie wollte. Also verließ sie ihn. Packte eine Tasche und ging auf Reisen. Sie wollte ein paar Jahre in der Ferne verbringen, um ihre Kochkünste zu perfektionieren, ehe sie sich den Traum erfüllte, ihr eigenes Restaurant zu eröffnen. Deshalb nahm sie Jobs als Kellnerin und Küchenhilfe an, arbeitete sich bis zur Chefköchin hoch. Die letzten sechs Monate hatte sie in den Schweizer Bergen verbracht und dort als Schwangerschaftsvertretung ein kleines Restaurant eigenständig gemanagt.
Matt hatte sie in dieser Zeit aus ihren Gedanken verbannt. Ihre Ehe war ein Fehler gewesen. Selbst wenn sie das Baby nicht verloren hätte, welche Chance hätten sie schon gehabt? Dennoch erinnerte sich Zoe nur zu gut an die stürmische Leidenschaft, die ihr so den Kopf verdreht hatte. In Matts Gegenwart hatte sie sich lebendig gefühlt – zum ersten Mal seit Toms Tod. Tom, ihre erste, tragische Liebe. Auch Tom war so lebendig, so vital gewesen – nur um mit grade mal achtzehn Jahren an einer versehentlichen Überdosis zu sterben.
Mit Matt hatte sie geglaubt, das Schicksal gäbe