TEIL EINS Keinen Augenblick mehr ohne das Gefühl von heute Morgen
Stufe Drei
„Ich habe meine Kindheit in guter Erinnerung, weil ich meine drei Geschwister hatte, zwei Brüder und eine Schwester. Eigentlich bin ich aber mit meinem Bruder Wolfi aufgewachsen. Er ist zwei Jahre älter. Wir waren Buddies. Der andere Bruder heißt Olli und ist elf Jahre älter. Das war der coole Bruder, wo man sich fragt, wow, was macht der denn? Lass uns mal in sein Zimmer gehen. Ups, da ist eine Frau drin, lass uns wieder abhauen.“ So erinnert sich Peter S. Brugger lachend an seine Kindheit und Jugend in Harthaus, einem Ortsteil der oberbayerischen Stadt Germering im Landkreis Fürstenfeldbruck.
Interessant ist Ollis Zimmer für Peter auch deshalb, weil sich dort allerhand Klangwerkzeuge befinden. Peter kommt vor allem durch Olli (eigentlich Reinhold, später auch Olly) zur Musik, der schon lange vor ihm verschiedene Instrumente spielt und Schlagzeuger ist. Peter: „Musikmachen, das begann mit meinem großen Bruder, der hatte damals ein Schlagzeug im Zimmer stehen. Das hat mich gekickt. Wir drei Brüder haben dann Trio nachgespielt. Ich am Schlagzeug –bum-di-di-bum-di. Damals wusste ich, dass ich mit Musik irgendetwas machen will.“ Wenig später bringt er sich auf der Westerngitarre Ollis ein paar Akkorde bei. Und er entdeckt die Indie-Musik. „Das war dann für unsere Bands wichtig, gerade so amerikanische Formationen wie Lemonheads, Buffalo Tom oder Dinosaur Jr.“
Während der Schulzeit und auch nach dem Abitur 1992 am Carl-Spitzweg-Gymnasium in Germering-Unterpfaffenhofen spielt Peter Stephan Brugger (geboren am 14. November 1972 in München) Schlagzeug in verschiedenen Gruppen, u. a. 1994 im Projekt Paul mit Florian Zwietnig (Gitarre und Gesang, er formiert sich später zum Elektropunk-Duo Mediengruppe Telekommander mit Gerald Mandl), Oliver Pade (Percussion, später Mitglied der Pagan-Folk-Band Faun) und Jochen Quindel (Bass und Gesang, seit 1994 u. a. auch bei der Strom-Hausband Splendid und später als Singer-Songwriter Goldberg oder Puma unterwegs). Quindel selbst bezeichnet Projekt Paul als „‚frühe Supergruppe‘ der Germeringer Schule“ und den Sound als „avantgardistisch-punkpop-alternative Melange“. Projekt Paul existieren nur 1994, veröffentlichen den TonträgerNackig um halb drei, der in Peters Partyraum im Keller aufgenommen wird, und treten nur wenige Male öffentlich auf. Peter ist auch Drummer in der Band Johnson, deren Gründer, Schulkumpel von Peter und späterer Filmemacher Uwe Flade sagt: „Ich habe Peter am Schlagzeug nicht gerade als Voll-Granate in Erinnerung.“
Beeindruckt ist hingegen von Anfang an Jochen Quindel: „Peter habe ich in Germering während der Grundschule kennengelernt, weil wir zusammen im Blockflötenunterricht waren. Ich glaube, ich habe den Unterricht etwas ernster genommen als er, was ja zu seinem Style passt. Er hat es drei oder vier Jahre gemacht. Ich habe acht Jahre Blockflöte in der Schule gespielt. Irgendwann habe ich aber auch gemerkt, dass die Coolen nicht mehr da sind und ich der einzige Junge war. Dann habe ich mit Gitarre angefangen. Peter und ich waren dann ab dem 5. Schuljahr in Germering im Spitzweg-Gymnasium in derselben Klasse. In der Schule war er vor allem der Sportler, immer beliebt, der Sonnyboy. Er ist damals noch nicht als Musiker aufgefallen.“
Jochen Quindel hat Peter Bruggers frühe Entwicklung genau mitbekommen: „Bei uns in der Klasse gab es den Benny, ein Mofafahrer-Skatertyp, ein echter Rebell. Etwa in der achten oder neunten Klasse sagte er zu Peter und mir, wir könnten doch eine Band gründen. Wir hießen X-tended, und unser einziger Song war ‚Skating the world to death‘: Benny Gesang und Gitarre, Peter trommelte – das war damals noch kein richtiges Schlagzeug –, und ich am Bass, weil mein älterer Bruder Bass spielte. Mehr als zwei oder dreimal haben wir in dieser Formation nicht gespielt. Aber das waren die musikalischen Anfänge, und wir haben uns dabei richtig gut gefühlt. Benny hat nach der neunten oder zehnten Klasse die Schule abgebrochen. Peter und ich waren eher die angepassten Rebellen. Peter hat dann während der Kollegstufenzeit in einer Hippie-Band Schlagzeug gespielt, den Jelly Bag Caps (die Zipfelmützen). Das ging eher in Richtung Led Zeppelin. Die haben am Waldrand bei Harthaus, wo Peter wohnte, ein Konzert gegeben. Das war toll. Peter hatte ein Image als sehr guter Schlagzeuger; er kann es immer noch, wenn er will. Während der Abi-Zeit hat sich eine größere Freundesgruppe gebildet, woraus die Band Projekt Paul entstanden ist. Es war kein Paul in der Band. Das war der Humor damals. Angetrieben wurde das Projekt vor allem von Daniel Flaschar, dem Perkussionisten, Texter und Namensgeber.“
Flaschar machte Peter Brugger und Jochen Quindel in den Jahren 1993 und 1994 mit der Hamburger Schule bekannt, mit Bernd Begemann, Huah! und anderen. Quindel: „1994 bin ich mit Florian Zwietnig zehn Wochen durch Indien gereist, und direkt danach sind wir beide ins Projekt Paul reingekommen. Das war dann die Phase nach dem Abi und nach dem Zivildienst, wo man denkt: Ich kann alles – eine fabelhafte Zeit. Wir haben gejammt, experimentiert, waren u. a. von Velvet Underground beeinflusst und haben zwei Konzerte gespielt, eins im Jugendzentrum in Hochstadt bei Weßling und eins am Gy