1995 und auch in den Jahren danach hatte ich mehrere „kleine“ Schübe mit unterschiedlichen Auswirkungen, bis hin zu Lähmungen an Händen und Beinen. Der nächste größere Schub erfolgte im Jahre 1998 und bescherte mir eine Lähmung und Störung der rechten Körperseite. Betroffen war das Gesicht, im Speziellen das rechte Auge. Meine Sehkraft betrug damals auf dieser Seite nach diversen Therapien noch circa 30 Prozent. Ich setzte mein Leben dennoch unverändert fort. Nach wie vor wusste nur meine Frau von meiner gesundheitlichen Situation. Bekannte, Geschwister, Verwandte, auch meine Eltern, hatte ich nicht informiert, denn sie sollten mich akzeptieren und behandeln wie immer. Allein die Tatsache, dass ich mein Leben und einige Gewohnheiten umgestellt hatte, wurde von den Mitmenschen registriert und bemerkt. An dieser Stelle gleich ein wichtiger Tipp von mir! Suchen und behandeln Sie Lösungen und NICHT die Probleme! Je mehr Aufmerksamkeit Sie ihrer Gesundheit widmen, desto mehr Gesundheit werden Sie bekommen. Diese „Regel“ funktioniert und ist auch bei allen anderen Dingen so, bei Ihren Finanzen, im Berufs- wie im Privatleben, usw. Die einen akzeptierten meine Veränderung, andere wandten sich zunehmend von mir ab. Kaum jedoch wurde nach den Gründen meiner Veränderung gefragt. Vor meiner Diagnose war ich ein Mensch mit vielen Kontakten und Freunden. Durch meine Erkenntnis, dass ich mit dieser MS (Meine Situation) zu leben lernen musste, war ich jedoch kaum mehr gesellschaftsfähig. Ich trank keinen Alkohol mehr, ging bei Veranstaltungen schon früh nach Hause oder nahm erst gar nicht teil. Der Grund war für mich klar: es ging mir nicht so gut oder ich musste mir meine „Spritze“ setzen. Meine medizinische Behandlung sah bis ca. 2005 so aus: Mehrmals wöchentlich spritzte ich mir selbst ein Medikament (Rebif). Natürlich gab es dabei auch Nebenwirkungen, die anfangs sehr stark waren. Im Laufe der Zeit bekam ich sie optimal in den Griff, da ich die Medikamente mit alternativen und „natürlichen“ Mitteln (spez. Gemüsesaft usw.) ergänzte. Dennoch blieb als Fazit, dass viele mein Verhalten nicht verstehen konnten, da ich meine gesundheitlichen Probleme nicht an die große Glocke gehängt hatte und somit niemand über meine Situation Bescheid wusste. Dies war letztlich auch eine wichtige Zeit für mich, denn ich durfte so sehr viel über das Verhalten der Menschen und über das Leben lernen! Ein weiterer Schub machte sich dann im Jahre 2001 bemerkbar. Wie schon in der Vergangenheit waren keinerlei Vorzeichen spürbar und innerhalb weniger Stunden konnte ich meinen rechten Arm nur noch sehr schwer bewegen. Es wurde mir klar, dass ich es wohl hauptsächlich mit Störungen auf der rechten Körperseite zu tun hatte. Auch diese Tatsache gab mir wieder eine Erkenntnis mehr, mit welcher ich zu leben lernte. Mein Leben war nun schon seit vielen Jahren mit dieser Situation vertraut und ich hatte alles bestens darauf abgestimmt. So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass ich schon bald wieder sämtliche Aktivitäten ausüben konnte.Da ich der absoluten Überzeugung bin, dass gezieltes Training meine Situation extrem verbessert, war die Zeit nach einem Schub durch täglich mehrere Stunden Physiotherapie und gezielte Übungen bestimmt. Hier ist auch wieder der Vergleich mit dem Spitzensportler angebracht: Keine der zuvor genannten Sportgrößen hat nur auf dem Sofa gesessen und gewartet, bis die Verletzungen von selbst wieder ausgeheilt waren! Lukas Müller hat täglich acht Stunden trainiert. Ich habe ihn selbst dabei getroffen. Es war sicher eine harte Zeit für ihn...aber er hat es getan! Sein Ziel war klar gesetzt, und zwar auf seinen eigenen Beinen die Reha-Klinik zu verlassen. Und er