: Michelle Lok-Yan Wichmann, Lisa Tölle, Silke Pawils, Daniel Mays
: Sicher miteinander - ein Schutzkonzept für die heterogene Schule entwickeln
: Ernst Reinhardt Verlag
: 9783497617708
: 1
: CHF 23.50
:
: Pädagogik
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Gewalt - auch sexualisierte Gewalt - hat viele Gesichter und ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Sie kann verbal oder körperlich, versteckt oder auch offensichtlich sein und den Schul- bzw. Berufsalltag der Betroffenen zur Hölle werden lassen. Das Praxisbuch bietet am Beispiel sexualisierter Gewalt einen kompakten Überblick, wie ein Schutzkonzept in der Schule erarbeitet werden kann - egal für welche Schulform. Neben Basiswissen u. a. zu Kinder- und Jugendrechten, rechtlichen Rahmenbedingungen des Kinderschutzes in der Schule und sexualisierter Gewalt, gibt es Hinweise zur Arbeit mit SchülerInnen mit Behinderungen bzw. Förderbedarfen, mit Fluchtgeschichte und LSBTIQA*-Personen. Verschiedene Arbeitsmaterialien erleichtern die nachhaltige Implementierung eines lebendigen Schutzkonzeptes.

Michelle Lok-Yan Wichmann M.Sc. ist Psychologin und forscht im Department Erziehungswissenschaft der Universität Siegen u. a. zu (Prävention von) interpersoneller Gewalt. Lisa Tölle LL.M. ist Sonderpädagogin und Kriminologin an der Universität Siegen. Ihr Arbeitsschwerpunkt ist u. a. sexuelle und politische Bildung mit marginalisierten jungen Menschen. PD Dr. Silke Pawils, Dipl.-Psych., leitet seit 2008 die Forschungsgruppe"Prävent on im Kindes- und Jugendalter" am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.Prof. Dr. Daniel Mays, lehrt und forscht in der Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Förderpädagogik ("Emotionale und soziale Entwicklung") an der Universität Siegen.

1Basiswissen I: Kinder- und Jugendschutz in der Schule

1.1Zur Orientierung: Schule als sicherer und „feuerfester” Ort

Lassen Sie uns mit einem Vergleich zur Verdeutlichung unseres Anliegens beginnen. Jede Schule verfügt über ein Brandschutzkonzept: Welche Schritte unternehmen wir, wenn ein Feuer ausgebrochen ist? Wo stehen wie viele Feuerlöscher? Wo sind die Feuermelder? Wo sind sichere Orte, an denen wir uns sammeln, wenn es brennt? Aber auch: Welche Risiken bestehen, dass an unserer Schule ein Feuer ausbrechen kann? Was tun wir konkret, damit gar nicht erst ein Brand entsteht? Wie häufig überprüfen wir unsere Sicherheitsmaßnahmen – entsprechen sie noch unseren Bedarfen und den gesetzlichen Bestimmungen, oder müssen sie an neue Rahmenbedingungen angepasst werden? In Schulen müssen im Vorfeld eines Brandes – um in diesem Bild zu bleiben – die Schultische, der Boden, die Decken und die Wände „feuerfest” gemacht werden, um präventivschützenzu können.

Konzept schützt und gibt Sicherheit

Ebenso wie Gefährdungslagen im Kontext Schule durch Brände bestehen, können sie auch durch (sexualisierte) Gewalthandlungen entstehen. Um Kinder und Jugendliche wirksam und bestmöglich vor (sexualisierter) Gewalt schützen zu können und allen Mitarbeitenden der Schule Sicherheit zu geben, braucht es auch ein Konzept, damit alle genau wissen: Was ist zu tun, damit es nicht „brennt”, oder was, wenn es (doch) „brennt”? Dazu sind tiefgreifende, feste Strukturen und Regeln, die als präventive Maßnahmen einen dauerhaften Grundschutz vor jeglicher Form von Gewalt garantieren, nötig. Damit in Verbindung stehen z.B. die folgenden Fragen:

Wie präsent sind die Themen Kinder- und Jugendrechte an unserer Schule?

Welche Strukturen und Regeln garantieren, dass Kinder und Jugendliche ihre Rechte kennen und auch wahrnehmen können?

Wie gehen wir an unserer Schule grundsätzlich mit Beschwerden von Lernenden um? Gibt es hier klar kommunizierte Abläufe und Zuständigkeiten, oder existiert das schuleigene Beschwerdemanagement doch eher nur „auf dem Papier”?

Welche Kompetenzen zur Prävention von Übergriffen jeglicher Art, darunter auch sexualisierte Gewalt, sind in unserer Schule eigentlich vorhanden und wo haben wir noch inhaltlich-fachlich oder auch organisatorisch-strukturell Nachholbedarf?

Was machen wir eigentlich, wenn wir den Verdacht haben, dass Lernende zu Hause oder in der Freizeit (sexualisierte) Gewalt erfahren?

Was machen wir, wenn sexualisierte Gewalt z.B. auch gegenüber Mitarbeitenden in unserer Schule ausgeübt wird?

besondere Rolle von Schulen

Fakt ist: Mit Ausnahme von Schulen müssen sämtliche Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten und Verantwortung für sie übernehmen, verpflichtend über ein Schutzkonzept zur Prävention von (sexualisierter) Gewalt und der Intervention bei solcher verfügen(Schröer/Wolff 2018).

Situationen mit erhöhtem Risiko

Schulen kommt allerdings eine besondere Bedeutung zu: Sie spielen im Leben von Kindern und Jugendlichen eine wichtige Rolle und erreichen aufgrund der allgemeinen Schulpflicht täglich so viele Kinder und Jugendliche wie keine pädagogische Institution sonst: In Deutschland gibt es aktuell etwa 32.000 allgemeinbildende Schulen, an denen rund acht Millionen Lernende beschult werden(StatistischesBundesamt 2021,2022).

verantwortungsvoller Umgang mit Machtvorschuss

Im Rahmen der zahllosen soz