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Bailey
Zehn Jahre später ...
Ich brauche Kaffee. Außerdem eine Mahlzeit, die nicht aus einem Automaten kommt. Und ich brauche einen richtig guten Orgasmus.
Drei Dinge, die ich schon so lange nicht mehr hatte, dass es wehtut. Mein müder Körper sehnt sich nach all dem und mehr, während ich auf einen der unbequemen Plastikstühle der Schwesternstation sinke. Ich schließe die Augen, lege meinen Kopf auf den kühlen Schreibtisch und hoffe, ein paar Sekunden den Wahnsinn der Notaufnahme ausblenden zu können. Heute ist hier wirklich die Hölle los. Mittlerweile befinde ich mich in den letzten Stunden meiner dritten Doppelschicht in Folge und der Schlafmangel macht mir zu schaffen. Eigentlich hätte ich heute einen Urlaubstag gehabt. Wegen eines Virusinfekts fehlen jedoch zwei Krankenschwestern, weshalb wir anderen versuchen, so viele Stunden wie möglich abzudecken.
»Nur noch vier Stunden, meine Hübsche. Du schaffst das.« Breck, mein bester Freund und einer der anderen Krankenpfleger in der Schicht, geht an mir vorbei und drückt mir dabei die Schultern. Er hat recht. Nur noch vier Stunden, dann bin ich hier endgültig fertig. Obwohl ich meine Arbeit liebe, bin ich mir nach einigen Monaten in der Notaufnahme sicher, dass ich für diese Station einfach nicht geschaffen bin.
Ich habe diesen Job vor fast einem Jahr angenommen, als ich von Savannah in die Nähe von Nashville gezogen bin. Damals sah ich den Dienst in der Notaufnahme als neue Herausforderung, der ich mich stellen wollte. Meine vorherigen Jobs als Krankenschwester hatte ich alle in kleineren, eher ländlichen Krankenhäusern und einmal in der Praxis eines französischen Schönheitschirurgen. Das war damals, als meine Zwillingsschwester und ich ein paar Jahre in Europa lebten. Daher sehnte ich mich nach etwas mehr Aufregung und Hektik in meinem Arbeitsalltag. Ernüchtert musste ich feststellen, dass die Realität nur wenig mit meiner Vorstellung gemein hat. Mittlerweile bin ich körperlich und geistig ausgelaugt.
Ich habe alles gesehen. Von Beulen und blauen Flecken bis hin zu tödlichen Autounfällen und Schusswunden. Leider sind gewaltsame Todesfälle eher Norm als Ausnahme. Mit jedem Tag fällt es mir schwerer, alles hinter mir zu lassen, wenn ich am Ende meiner Schicht nach Hause gehe.
Zum Glück ändert sich das nach dem heutigen Tag, denn ich habe eine neue Stelle in einer kleinen familiengeführten Arztpraxis gefunden. Das bedeutet nicht nur, dass ich keine Nachtschichten mehr schieben muss, sondern auch, dass ich sogar zu Fuß zur Arbeit gehen kann, da die Praxis nicht weit von meinem Haus entfernt ist. Einen Spaziergang stelle ich mir sehr romantisch vor. Außerdem tut mir die zusätzliche Bewegung sicher gut. Bisher war ich fast immer eine Stunde mit dem Auto unterwegs, bis ich das Krankenhaus erreicht habe. Abgesehen davon kann ich es kaum erwarten, mich mit Fieber, Schmerzen und Wehwehchen zu befassen, anstatt mit Chaos, Unglück und Todesfällen.
»Warum machst du nicht mal eine Pause, solange es hier verhältnismäßig ruhig zugeht?«, fragt Breck, als er ein paar Minuten später zurückkommt und mich noch immer in der gleichen Position vorfindet. »Setz dich für dreißig Minuten in dein Auto. Da hast du deine Ruhe. Ich rufe dich an, wenn wir dich wieder brauchen«, flüstert er und schaut sich um, um sicherzustellen, dass niemand zuhört. »Nimm uns auf dem Rückweg dann einen Kaffee aus der Cafeteria mit. Den können wir heute wirklich gebrauchen.«
»Ich könnte dich auf der Stelle küssen«, erkläre ich und bin über die Aussicht, meine Augen für ein paar Minuten schließen zu können, mehr als erleichtert.
»Brad würde das zwar sicher