1. KAPITEL
„Also ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe, Eva.“
Luke sah sie an, als warte er auf die Pointe eines Witzes.
„Du bist wirklich so etwas wie eine Prinzessin?“ Dramatisch hielt er inne und strich sich den Strubbelpony aus der Stirn, ehe er fortfuhr: „Prinzessin Evie?“ Er lachte, als hätte er einen guten Scherz gemacht.
Irgendwie konnte Eva nicht mitlachen, doch sie verstand Lukes Zweifel. Sie hatte sich ja selbst erst daran gewöhnen müssen, nach dem Tod ihrer Mutter vor einem Jahr auf einmal eine Familie zu besitzen, von der sie nichts geahnt hatte. Und was für eine Familie!
Sie schob die Finger in die Gürtelschlaufen ihrer Jeans und warf ihren Zopf zurück. „Soll das heißen, ich habe nichts Königliches an mir?“, fragte sie verletzt.
Luke Prentice hätte zur Beschreibung der Tochter der Frau, die in akademischen Kreisen eine Legende gewesen war, viele positive Eigenschaften aufzählen können – darunter auch wahnsinnig aufregend und sexy.
Er hatte keine Ahnung, ob Eva wusste, dass ihre Mutter ihn als achtzehnjährigen Studenten verführt hatte, als er an einem ihrer Seminare teilgenommen hatte, um ‚seinen Horizont zu erweitern‘ … und, Junge, der hatte sich tatsächlich erweitert! Eins wusste er jedoch: Bei ihrer Tochter hatte er keine Chance. Er nahm das philosophisch hin. Platonische Beziehungen waren eigentlich nicht seine Sache, aber Eva kannte er schon ewig, ihre Freundschaft war etwas Besonderes.
„Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich mir Angehörige nahöstlicher Königshäuser bisher mit Sommersprossen und rotem Haar vorgestellt hätte“, erklärte er.
Widerstrebend musste Eva zugeben: „Ich auch nicht.“
Selbst jetzt noch kam ihr alles so unwirklich vor. Ihre schöne Mum – die brillante Akademikerin – war keine ledige Mutter gewesen, wie Eva immer geglaubt hatte, sondern die getrennt lebende Ehefrau eines arabischen Prinzen. Der König – ihr Großvater! – hatte neun Söhne, und ihr Vater war der Jüngste und somit Letzte in der Thronfolge gewesen.
Dennoch sei er natürlich ein Prinz gewesen, hatte Onkel Hamid ihr versichert, als er in seiner schwarzen Panzerlimousine auf der Beerdigung aufgetaucht war. Ihre Mutter war eine Prinzessin, hatte er ihr mit entsprechenden Urkunden bewiesen.
Zwar hatte ihre Mutter ihr von jeher Unabhängigkeit gepredigt, aber insgeheim hatte Eva sich immer eine Familie gewünscht. Und jetzt besaß sie eine. Wie eine Fügung des Schicksals war es ihr erschienen, im schrecklichsten und einsamsten Moment ihres Lebens in eine große exotische Familie aufgenommen zu werden.
Nun merkte sie jedoch, dass das auch Nachteile mit sich brachte, denn sie sollte einen Preis dafür zahlen. Hoffentlich schaffte sie es, dieses unerwartete Hindernis diplomatisch zu umschiffen und ihren Großvater dabei nicht zu verprellen.
„Prinzessin Ev