1. KAPITEL
„Ein Juwelendieb?“ Rico King starrte seinen Sicherheitschef ungläubig an. „Hier im Hotel?“
Franklin Hicks starrte finster zurück. Mit seinen eins fünfundneunzig, den stechenden blauen Augen und dem kahl rasierten Schädel war der Enddreißiger definitiv eine eindrucksvolle Erscheinung. „Das ist die einzige Erklärung. Serenity James aus Bungalow sechs vermisst ein kostbares Schmuckstück. Ich habe mir bereits das Zimmermädchen und den Room Service vorgeknöpft.“
Bungalow sechs. Rico hätte die Zimmerübersicht am Computer aufrufen können, aber das war gar nicht nötig. Er kannte jeden Quadratzentimeter seines Hotels. Die Bungalows lagen ein Stück abseits vom Hauptgebäude, um die Privatsphäre der Gäste zu wahren. Viele seiner Kunden wussten diese Abgeschiedenheit zu schätzen. Kunden, die das wilde Leben liebten – so wie Serenity James, Hollywoods heißeste Nachwuchshoffnung.
Die Schauspielerin behauptete zwar, sie wolle aufdringlichen Fotografen und neugierigen Fans entkommen, doch laut Sicherheitsdienst herrschte in ihrem Bungalow ein reges Kommen und Gehen. Offenbar drückten die Männer einander die Klinke in die Hand, und jeder von ihnen hätte sich mit dem Schmuck davonmachen können. Zumindest hoffte Rico, dass die Lösung so einfach wäre.
„Und was ist mit Ms. James’ ‚Besuchern‘? Haben Sie die auch schon befragt?“
Frank schnaubte geringschätzig. „Wir sind noch dabei, sie zu grillen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es einer von denen war, Chef. Denn dann hätte dieser ‚Besucher‘ doch sicher mehr mitgehen lassen als nur eine Kette. Nein, wer immer da zugegriffen hat, war sehr wählerisch. Er hat sich genau das Teil ausgesucht, aus dem sich die Steine am leichtesten herauslösen und dann einzeln verticken lassen. Für mich riecht das nach einer professionellen Vorgehensweise. Außerdem hatten wir in den letzten Tagen zwei weitere Diebstahlsmeldungen. Das muss ein Profi sein.“
„Das hat uns gerade noch gefehlt“, murmelte Rico beklommen.
Das „Castello Tesoro“ hatte erst vor gut sechs Monaten eröffnet. Das schicke und sehr exklusive Hotel avancierte in Rekordzeit zum Hotspot der Schönen, Steinreichen und Berühmten. Tesoro Island lag zwar mitten in der Karibik, befand sich aber in Privatbesitz. Ohne die Genehmigung des Eigentümers Walter Stanford durfte hier kein Schiff anlegen, ob Privatjacht oder Kreuzfahrtschiff, und kein Flugzeug landen.
Wer sich auf die Insel zurückzog, brauchte also keine Paparazzi zu fürchten, mal abgesehen von ein paar übereifrigen Strebern, die sich mit einem riesigen Teleobjektiv auf einem Boot weit draußen im Meer auf die Lauer legten.
Tesoro Island war grün und märchenhaft lauschig, das Castello selbst ein Disneyland für Erwachsene, mit traumhaften Pools und den besten Spas der Welt. Von jedem Raum aus hatte man einen atemberaubenden Blick aufs Wasser. Gebaut worden war das Hotel nach dem Motto klein undsehr fein. Die Ausstattung war opulent, der Service herausragend, und über der gesamten Insel lag eine verträumte verführerische Atmosphäre. Tesoro versprach jedem, der es sich leisten konnte, ein Freudenfest für alle Sinne.
Und Rico würde, verdammt noch mal, nicht zulassen, dass der glänzende Ruf seines Hauses beschädigt wurde. Sollte hier tatsächlich ein professioneller Dieb sein Unwesen treiben, dann würde er ihn erwischen.
Das „Castello Tesoro“ war sein Traum gewesen. Der Inbegriff eines Luxusresorts, errichtet nach seinen exakten Vorgaben von King Construction. Sein ganzes erwachsenes Leben lang hatte er auf dieses Projekt hingearbeitet. Er besaß mehrere Hotels, und jedes davon war auf seine Weise spektakulär. Aber die Anlage auf Tesoro war die Krönung seiner Karriere. Und er würde alles Menschenmögliche tun, um seinen Namen, sein Projekt und seine Investition zu schützen.
Er schüttelte verärgert den Kopf, dre