Kapitel 1
Auf die Bitte des Energieministers Robert Habeck an die Bürgerinnen und Bürger, in Zeiten knapper Ressourcen nicht Ewigkeiten unbesorgt zu duschen, entgegneteFDP-Politiker Wolfgang Kubicki, damaliger Bundestagsvizepräsident: »Robert Habeck darf gerne so kurz duschen, wie er es für richtig hält. Ich schaue jedenfalls nicht auf die Uhr, wenn ich in der Dusche stehe. Ich dusche so lange, bis ich fertig bin.«[6] Einer der profiliertesten Politiker des Landes prahlte medial mit seinen Duschvorlieben. Ins selbe Horn blies Helmut Markwort, Gründer des MagazinsFocus: »Ich komme schamlos durch die Woche. Gestern habe ich trotz der Ermahnungen durch den Aktualitätsphilosophen Robert Habeck ausgiebig geduscht. Ich empfinde keine Spur von Duschscham und denke nicht daran, das erfrischende Wasser in Litern zu messen und zu rationieren. […] Die mündigen Bürger sollen in eigener Verantwortung entscheiden, wie sie mit ihrem Verhalten zum Gemeinwohl beitragen wollen.«[7] Und eineBild-Kolumnistin wagte gar die kühne These: »Duschen ist die neue Freiheit!«[8]
Der Spott in diesen Zeilen ist kaum zu überlesen. Wir lesen hier nicht bloß die Meinungen von Menschen, die sich nicht in ihrer Handlungspraxis einschränken lassen wollen. Es geht hier nicht nur um Mündigkeit und Freiheit, nein, in diesen Aussagen steckt mehr. Jenseits unbändiger Freiheitsliebe schimmert Verachtung durch für jene, die es auch nur wagen, ihre Mitmenschen an die soziale Dimension des Freiheitskonzepts zu erinnern. Zur Debatte steht offenbar nicht nur, wie »die mündigen Bürger mit ihrem Verhalten zum Gemeinwohl beitragen«, sondern ob sie das überhaupt tun.
Ähnliches sah man während Corona. Abgesehen von einer die Maßnahmen mittragenden und sie aktiv umsetzenden Mehrheit, gab es Millionen Deutsche, die sich nicht haben impfen lassen. Millionen Mitbürger, die die Maskenpflicht ignorierten oder ihre Masken nur halbherzig, vielmehr halbnasig trugen. Der Vordenker d