: Per Leo
: Noch nicht mehr Die Zeit des Ruhrgebiets
: Tropen
: 9783608122435
: 1
: CHF 14.40
:
: Gesellschaft
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Ruhrgebiet: Wie aus dem rauchenden Pott das Land der Zeit wurde Worin besteht die Einheit des Ruhrgebiets? Seit jeher lässt sich darauf keine eindeutige Antwort finden. Doch nach dem Ende der Montanindustrie hat sich die Fragestellung verschoben - von der Realität der Arbeitswelt hin zur Identität im Wandel. Zwischen produktiver Zerstörung und unvollendetem Projekt war, so zeigt dieser Essay, an Emscher und Ruhr das Neue von heute immer schon schnell das Alte von morgen.   Wo einst Zechen, Hochöfen und Arbeitersiedlungen Stoff für Reportagen lieferten, regt der vollzogene Strukturwandel heute eher zum Nachdenken an. Der Philosoph Wolfram Eilenberger hat kürzlich behauptet, das post-industrielle Ruhrgebiet existiere noch gar nicht. Der Historiker Per Leo setzt nun dagegen, dass es sich im Moment des Niedergangs neu erfand: als Laboratorium einer Geschichtskultur »von unten«. Wie eine Vergangenheit erforschen, die kaum schriftliche Quellen hinterlassen hat? Kann die Vorgeschichte eines Nachlebens Erinnerung sein? Ist, frei nach dem Düsseldorfer Beuys, jeder Ruhrmensch ein Historiker? Dieses Buch begibt sich auf Spurensuche und fördert dabei überraschende Antworten zutage

Per Leo, geb. 1972, wurde mit einer Arbeit über die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland promoviert. Sein Debütroman »Flut und Boden« stand auf der Shortlist des Leipziger Buchpreises. Der von ihm mitverfassten Leitfaden »Mit Rechten reden« wurde zum vieldiskutierten Bestseller. Leo lebt als freier Autor und Schatullenproduzent in Berlin.

Prolog: Frei nach Tolstoi


Glückliches Bielefeld. Wenn im Rest des Landes der ebenso unverwüstliche wie schlichte, man könnte auch sagen: der recht deutsche Witz die Runde macht, eine Stadt namens Bielefeld existiere gar nicht, dann ruft das bei den Bielefeldern ja höchstens ein Schulterzucken hervor. Sie wissen eben, dass manche Leugnung mehr über den Leugner als über das Geleugnete verrät.To be or Bielefeld – Bielefeld gibt es nicht, also bin ich: Wer das nötig hat, denkt der Bielefelder, der erhöht sich selbst doch auf Haaresbreite über den Meeresspiegel. Außerdem weiß man in Bielefeld die Wirklichkeit auf seiner Seite.

Ein Ehepaar kehrt zurück aus dem Sommerurlaub. Wird nun die Frau, wie die Protagonistin eines schlechten Romans, beim Passieren des Ortsschildes zu ihrem Mann sagen: »Schau mal, Schatz, da sind wir ja schon in Bielefeld, wo wir bekanntlich trotz aller Nachteile wohnen. Weißt du, als ich gerade seinen Namen las, da wurde mir ganz warm ums Herz. Es macht mir nämlich gar nichts aus, dass die alliierten Bomber unsere Stadt dem Erdboden gleichgemacht haben. Im Gegenteil