Zwei
«Sehe ich nach Chefin aus?», fragte ich Antti am Montagmorgen. Ich trug einen Blazer im Safaristil zur passenden Hose und hatte mich, so gut ich konnte, auf Hauptkommissarin getrimmt, mit Pferdeschwanz und möglichst dezentem Make-up.
«Ziemlich sexy für eine Chefin», lachte Antti. «Nun geh schon, ich seh dir doch an, wie sehr du dich auf die Arbeit freust.»
Die Fahrt dauerte nicht lange, zehn Minuten vor Beginn der Dienstzeit war ich am Ziel. Feste Arbeitszeiten würde ich allerdings auch künftig nicht haben, denn Verbrechen geschehen nun einmal zu jeder Tageszeit. Die Reformen, die in den letzten Jahren bei der Espooer Polizei durchgeführt worden waren, wirkten sich auch auf meine Arbeit aus. Der Einsatz von Kontaktbereichsbeamten und die Sympathiewerbung waren von allen Seiten gelobt worden. Unser Dezernat wiederum hatte sich speziell beim Aufbrechen der starren Amtshierarchie hervorgetan, was zur Folge hatte, dass ich trotz meines neuen Ranges auch künftig Tatorte inspizieren und Verdächtige und Zeugen vernehmen würde.
Im Flur unseres Dezernats roch es wie immer nach Staub und abgestandenem Kaffee. Durch die Glastür sah ich Puupponen im Pausenraum.
«Herzlich willkommen, Frau Hauptkommissarin! Womit soll’s losgehen?»
«Mit der üblichen Montagsbesprechung um halb zehn», brachte ich gerade noch heraus, bevor Puupponen mich umarmte. Gleich darauf rannte Koivu herbei und drückte mich an sich.
«So, und jetzt bringen wir die Hauptkommissarin in ihr Büro. Hör auf zu zappeln, Maria, lass dich dieses eine Mal auf Händen tragen!»
Die Stille auf dem Flur hatte mich getäuscht: Das ganze Dezernat war in meinem Dienstzimmer versammelt. Auf dem Couchtisch standen Kaffeetassen und Himbeertorte bereit, auf dem Schreibtisch prangte ein Riesenstrauß weißer und dunkelroter Rosen. Mein Vorgänger Taskinen, der inzwischen zum Kripochef aufgestiegen war, stand lächelnd vor den Kollegen.
«Das Präsidium spendiert dir einen neuen Bürostuhl», erklärte er und zeigte auf einen prachtvollen roten Drehsessel. «Der vorige war für mich und Ström bemessen. Man beachte die verstellbare Fußstütze!»
«Ich bin ein Zwerg, ich weiß», lachte ich gerührt. Offenbar freuten sich wirklich alle über meine Rückkehr.
Alle bis auf Ström. Er hatte sich heute früh nicht blicken lassen.
«Ström ist krank. Magenverstimmung», meldete Lähde, Ströms einziger Kumpel im Dezernat.
«Der arme Pertsa hatte immer schon einen empfindlichen Magen», antwortete ich und erntete wieherndes Gelächter. Dann wurde ich lautstark aufgefordert, endlich die Torte anzuschneiden.
«Ström räumt seine Kisten sicher gleich weg, wenn er kommt. Gelüftet haben wir schon», sagte Puupponen entschuldigend. «Pertsa hat hier drinnen trotz Verbot eine nach der anderen geraucht.»
«Die Rosen duften so schön, dass man den Zigarettengeruch kaum noch merkt. Nun esst brav euren Kuchen auf, damit wir an die Arbeit gehen können», sagte ich.
Ströms Abwesenheit überraschte mich nicht, denn wir hatten uns einen heftigen Kampf um den Posten des Dezernatsleiters geliefert. Ström, der meinte, ich sei nur gewählt worden, weil ich eine Frau war, hatte die Entscheidung erfolglos angefochten. Da die Stelle Mitte Oktober, sieben Wochen nach Iidas Geburt, frei geworden war, hatte man ihm angeboten, mich während des Mutterschaftsurlaubs zu vertreten. Alle hatten dam