: Robin Waterfield
: Platon von Athen Ein Leben für die Philosophie
: FinanzBuch Verlag
: 9783986094157
: 1
: CHF 19.80
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: Philosophie: Antike bis Gegenwart
: German
: 300
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zu seinen Lebzeiten und danach galt Platon, einer der bedeutendsten Philosophen aller Zeiten, als nahezu göttliche Figur. Dies führte dazu, dass viele Legenden über ihn erfunden wurden - sowohl von denen, die ihn anbeteten, als auch von seinen Gegnern. In diesem umfassenden Porträt steuert Robin Waterfield einen vernünftigen Kurs zwischen diesen Geschichten, entlarvt einige als Märchen, während er den Kern der Wahrheit in anderen akzeptiert. Platon wurde Ende des fünften Jahrhunderts v. Chr. in einer wohlhabenden Familie im kriegsgeplagten Athen geboren. Als Teenager schärfte er seinen Intellekt, indem er die Vorlesungen der vielen Denker besuchte, die durch Athen reisten. Schließlich beschloss er, in die Politik zu gehen, wurde aber desillusioniert, insbesondere nachdem die Athener seinen Lehrer Sokrates zum Tode verurteilt hatten. Stattdessen wandte sich Platon dem Schreiben und Lehren zu. Später gründete er die Akademie, die erste Forschungs- und Lehreinrichtung für höhere Bildung in der Welt. Der renommierte Klassikexperte Robin Waterfield gibt einen umfassenden Einblick in Leben und Werk des großen Philosophen. Er erklärt, warum Platon lieber Dialoge als Abhandlungen geschrieben hat, und gibt einen Überblick über den Inhalt aller Bücher Platons.

Robin Anthony Herschel Waterfield ist ein britischer Altertumswissenschaftler, Übersetzer, Herausgeber und Autor von Kinderbüchern. Er forschte bis 1978 am King's College in Cambridge über antike griechische Philosophie und war anschließend Dozent an der Universität Newcastle und später an der Universität St. Andrews. Heute ist er selbständiger Schriftsteller.

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Das intellektuelle Umfeld


Platons Ausbildung verlief zunächst, wie wir gesehen haben, wenig zielgerichtet und war eher von grundlegender Natur. InPoliteia und inNomoi schlägt Platon zahlreiche Veränderungen vor.1 Als er begann, sich für Philosophie zu interessieren, muss er sich sein Wissen größtenteils selbst beigebracht haben. Wahrscheinlich sprach er mit seinen Brüdern und anderen, las die Bücher verstorbener oder abwesender Denker und besuchte die Vorträge und Seminare der lebenden. Er konnte sich glücklich schätzen, denn Athen hatte bereits die kulturelle Führung für ganz Griechenland übernommen – Thukydides bezeichnete die Stadt zur Zeit von Platons Jugend sogar als »Schule Griechenlands«2. Künstler und Intellektuelle aller Art kamen auf Besuch oder ließen sich dort nieder. Es gab einen florierenden Tauschmarkt für Bücher, obwohl nach wie vor nur die wohlhabenderen Schichten in Athen und einige Sklaven gut lesen konnten. Gerade fand ein folgenschwerer Wandel statt, die Bürger begannen nun, selbst zu lesen, anstatt sich von Sklaven vorlesen zu lassen.

Die anekdotische Tradition betrachtet Platon eindeutig als umfassend belesen, man muss sich nur anschauen, wie viele Schriftsteller er plagiiert haben soll. Dieser Tradition zufolge stammt fast die gesamtePoliteia von Protagoras von Abdera und derTimaios von Philolaos von Kroton; Platon soll außerdem vieles vom pythagoreischen Dramatiker Epicharmos von Kos entlehnt haben. Angeblich schlossen pythagoreische Gruppen Platon von Treffen aus, damit er keine Ideen stehlen konnte. Die Idee, seine Werke in Dialogform zu schreiben, habe er von Sophron, der Mimen schrieb (derbe, komödiantische Einzelszenen, eine frühe Form der griechischen Komödie), und dessen Talent für Charakterdarstellungen soll er ebenfalls nachgeahmt haben. Darüber hinaus kopierte er die Werke seiner sokratischen Kollegen Anthistenes und Aristippos von Kyrene und, warum auch immer, das Werk des Mathematikers Bryson von Herakleia. Platons Einfälle waren so grundlegend neu, dass die Mitglieder der negativen Tradition seine Originalität unbedingt anfechten wollten. Natürlich sind diese Anschuldigungen nicht vollkommen falsch, denn wie jeder andere Schriftsteller griff Platon auf viele Quellen zurück. Die Kritiker wendeten dies nur ins Negative und übertrieben, aus »von X gelernt« wurde »von X plagiiert«. Platon übernahm selten einfach eine Idee seiner Lehrer, darunter auch Sokrates. In der Regel veränderte er die Gedanken anderer und nutzte sie auf seine Art, sodass sie im Kontext seiner eigenen philosophischen Prinzipien funktionierten.

Sokrates und die Vorsokratiker


Unter dem Begriff »Vorsokratiker« vereint man viele verschiedene Denker - frühe Naturwissenschaftler, Philosophen, sogar der ein oder andere mystische Prophet - die, wie der Name schon sagt, vor Sokrates lebten und arbeiteten. Sie verband der Versuch, eine systematische Beschreibung des gesamten bekannten Universums und aller seiner wichtigen Merkmale anzufertigen, von den Sternen am Himmel bis zur regelmäßig auftretenden Nilschwemme. Unabhängig von ihrem Namen setzte sich die wissenschaftliche Arbeit der Vorsokratiker auch während und nach Sokrates’ Leben weiter fort. Platon nennt folgende Vorsokratiker beim Namen: Thales von Milet, Heraklit von Ephesos, Parmenides und Zenon von Elea, Empedokles von Agrigent, Pythagoras von Samos (und die Pythagoreer) und Anaxagoras von Klazomenai. Damit hat er die wichtigsten Denker der damaligen Zeit genannt. An anderen Stellen verweist und bezieht sich Platon auf vorsokratische Doktrinen, ohne Namen zu erwähnen. Weshalb er allerdings Demokrit von Abdera, einen bedeutenden Denker und produktiven Schriftsteller zu Platons Lebzeiten, nicht namentlich aufführt, wird für immer ein Rätsel bleiben (auf das zuerst Diogenes Laertios hinwies). Offensichtlich las Platon viele Arbeiten der Vorsokratiker, und wir dürfen annehmen, dass er auch mit den Sammlungen von Hippias von Elis über die vorsokratischen und weitere Theorien vertraut war, die der Universalgelehrte Ende des 5. Ja