: Janka Kluge, Julia Monro
: Einfach selbst bestimmt Texte zur Lebensrealität jenseits der Geschlechternormen
: Verlag Kiepenheuer& Witsch GmbH
: 9783462312188
: 1
: CHF 13.00
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Es reichen heute fünf Buchstaben und ein Sternchen, um auf eine hitzig geführte Debatte zu verweisen: trans*. Dass trans* nicht einfach ein »kontroverses Thema«, sondern die Lebensrealität zahlreicher Menschen ist, wird dabei leicht übersehen. Seit langer Zeit sind trans* Personen in unserer Gesellschaft psychischer, körperlicher und struktureller Gewalt ausgesetzt. Der unbedingt nötige Abbau dieser Diskriminierungen wird in den letzten Jahren öffentlich diskutiert, und, etwa durch das geplante Selbstbestimmungsgesetz, sogar konkret in Angriff genommen. Diese gesellschaftlichen und politischen Prozesse führen zu Fragen, Kritik und Gegenwehr. Umso wichtiger ist Aufklärung: Dieses Buch enthält 20 Texte, von Aktivist*innen, Psycholog*innen, Wissenschaftler*innen und Betroffenen, deren Stärke darin liegt, dass sie ein differenziertes, unaufgeregtes Bild dessen entwerfen, was ein Leben jenseits der Geschlechternormen ist.

Janka Kluge, geboren 1959 in Stuttgart als vermeintlicher Junge. 1981 rettete ihr die Einführung des Transsexuellengesetzes das Leben, bald darauf gründete sie eine der ersten Selbsthilfegruppen des Landes. Sie arbeitet als Journalistin und Redakteurin für verschiedene Medien, hält Vorträge zum Thema trans* und ist im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti e.V.). Julia Monro, geboren 1981 und aufgewachsen in einer konservativen evangelikalen Glaubensgemeinschaft in Rheinland-Pfalz. Seit ihrem Zwangsouting im Zuge eines Gerichtsverfahrens 2016 ist sie in der trans* Community aktiv, macht Filme und Aufkläungsarbeit, berät Politik und Verbände in den verschiedensten Bereichen und ist Ansprechsperson für zahlreiche Medien.

Julia Monro

Warum auch trans*Personen Selbstbestimmung brauchen


Alle wollen Selbstbestimmung – Allgemeine Definition und Beispiele

Es ist der Wunsch jedes einzelnen Menschen, seine Persönlichkeit so zum Ausdruck zu bringen, wie er es für richtig empfindet. Dieses Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ist in unserer Verfassung verankert. Jeder Mensch hat demnach das Recht, über das eigene Leben zu bestimmen. So heißt es im Grundgesetz:

[1] Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

[2] Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.

Das bedeutet vereinfacht: Wenn z.B. eine Person sich die Haare grün färben möchte, dann hat diese Person das Recht dazu, ohne dass es ihr jemand verbieten kann. Macht sie die Haare einen Tag später blau, weil ihr das Grün nicht mehr gefällt, dann ist auch das ihr gutes Recht und das darf ihr niemand absprechen.

Ebenso ist das Tragen von Kleidung der selbstbestimmte Ausdruck eines jeden Individuums. Frauen »dürfen« Hosen tragen, was vor hundert Jahren noch undenkbar gewesen wäre! Und Männer dürfen Röcke tragen, auch wenn das heute (leider!) immer noch von vielen skeptisch beäugt wird. Kleidung kann auch der selbstbestimmte Ausdruck religiöser Überzeugungen sein. Stichwort Religionsfreiheit. Jeder Mensch hat damit auch das Recht, selbstständig darüber zu bestimmen, ob er beispielsweise ein Kopftuch tragen möchte oder in freier Natur den Gebetsteppich ausrollen will.

Und wenn eine andere Person sich dazu entscheidet, den Körper von oben bis unten vollständig zu tätowieren, dann ist auch das ihr Recht. Es handelt sich zwar hierbei juristisch um eine »Körperverletzung«, aber die Person bestätigt im Tattoo-Studio i.d.R. mit ihrer Unterschrift, dass sie ausdrücklich mit dieser Körperverletzung einverstanden ist. Die Person entscheidet selbstbestimmt darüber, ob, wann und wo sie verletzt werden möchte. Da es sich dabei nicht um lebensbedrohliche Verletzungen handelt, ist diese Behandlung akzeptabel, sie darf nur nicht ohne Einverständnis erfolgen.

Auch die sexuelle Selbstbestimmung ist ein wichtiges Grundrecht jedes einzelnen Menschen. Jeder Mensch muss frei entscheiden dürfen, ob er in eine sexuelle Handlung involviert werden möchte oder nicht. Wenn jemand also unfreiwillig zu einer sexuellen Handlung genötigt wird, dann wird dieser Person das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung genommen. So hat Selbstbestimmung schließlich auch mit Grenzen zu tun: Angenommen eine Person führt in Gegenwart einer anderen Person sexuelle Handlungen an sich selbst durch, ohne dass diese weitere Person die selbstbestimmte Möglichkeit hat, darüber zu entscheiden, ob sie das überhaupt sehen möchte oder nicht. Dann will die Person sich vielleicht frei entfalten, verletzt damit aber die Rechte der weiteren Person, weil diese sich belästigt fühlt. Das Selbstbestimmungsrecht endet also dort, wo die Rechte Dritter, die Selbstbestimmung Dritter, berührt werden.

Ähnlich verhält es sich mit der Selbstbestimmung über den eigenen Körper, z.B. bei einer Schwangerschaft. Wenn die schw