18. JUNI 199…
1.
Es ist vorbei.
Ferien. Ferien. Ferien.
Drei Monate Ferien. Also eigentlich ewig.
Strand. Baden. Fahrradausflüge mit Gloria. Und im Schilf bis zu den Knien im warmen Brackwasser stehen und nach kleinen Fischen, Kaulquappen, Molchen und Insektenlarven suchen.
Pietro Moroni stellt sein Fahrrad an die Mauer und sieht sich um.
Er ist zwölf, wirkt aber zu klein für sein Alter.
Er ist mager, braun gebrannt und hat einen dicken Mückenstich auf der Stirn. Seine Haare sind schwarz und von seiner Mutter mehr schlecht als recht kurz geschnitten. Er hat eine Stupsnase und zwei große, haselnussbraune Augen. Er trägt ein weißes T-Shirt von der Fußballweltmeisterschaft, ein Paar kurze ausgefranste Jeans und durchsichtige Gummisandalen, von denen man diese schwarze Schmiere zwischen den Zehen bekommt.
Wo ist Gloria?, fragt er sich.
Er schiebt sich zwischen den überfüllten Tischchen der Bar Segafredo durch.
Alle seine Kameraden sind da.
Und alle warten, essen Eis, suchen sich einen Platz im Schatten. Es ist sehr heiß.
Seit einer Woche hat man das Gefühl, dass es überhaupt keinen Wind mehr gibt, dass er sich irgendwohin verzogen, alle Wolken mitgenommen und nur eine enorme Sonne zurückgelassen hat, die einem das Hirn im Kopf zum Kochen bringt.
Es ist elf Uhr vormittags, und das Thermometer zeigt schon siebenunddreißig Grad.
Auf den Pinien hinter dem Volleyballplatz zirpen die Zikaden wie besessen. Und irgendwo in der Nähe muss ein Tier verendet sein, denn immer wieder kommt ein süßlicher Aasgeruch herüber.
Das Gittertor der Schule ist geschlossen.
Die Ergebnisse hängen noch nicht aus.
Ein leichtes Angstgefühl schleicht sich in seinen Bauch, drückt auf das Zwerchfell und macht ihm das Atmen schwer.
Er geht in die Bar.
Obwohl man vor Hitze fast umkommt, drängen sich eine Menge Jungen um das einzige Videospiel.
Er geht wieder raus.
Da ist sie!
Gloria sitzt auf dem Mäuerchen. Auf der anderen Straßenseite. Er geht zu ihr. Sie gibt ihm einen Klaps auf die Schulter und fragt: »Hast du Angst?«
»Ein bisschen.«
»Ich auch.«
»Hör auf«, sagt Pietro. »Du bist versetzt worden. Das weißt du doch.«
»Was machst du nachher?«
»Weiß nicht. Und du?«
»Weiß nicht. Machen wir was zusammen?«
»Okay.«
Sie sitzen still auf dem Mäuerchen. Pietro geht durch den Kopf, dass seine Freundin in diesem blauen Frottee-T-Shirt noch besser aussieht als sonst, und spürt gleichzeitig, wie seine Panik zunimmt.
Wenn er darüber nachdenkt, weiß er, dass er nichts zu befürchten hat, dass die Sache gut ausgegangen ist.
Doch sein Bauch is