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Der Herbst war früh gekommen und die Bäume hatten das schöne bunte Kleid dieser Jahreszeit angezogen. Die ersten Herbststürme waren bereits heftig über die Insel gezogen, auch die, diesmal früher als sonst.
Carina ritt allein am Strand entlang und genoss wie immer die Ruhe und Stille, die salzhaltige Luft, das laute Tosen des Meeres. Weit und breit war kein Mensch bei diesem Wetter zu sehen und sie war froh darüber. Das war seit Wochen das erste Mal, dass sie Zeit hatte, in Ruhe zu reiten, und das hatte sie bereits voll ausgekostet. Nach ihrem Kurzurlaub in Mailand hatte sie einiges aufzuarbeiten gehabt.
Die letzte Woche hatte es geregnet und teilweise gestürmt. Heute dagegen schien die Sonne, obwohl es kühl und stürmisch war. Nur sie störte das überhaupt nicht. Sie blieb stehen und schaute über das schäumende Wasser. Weit draußen erblickte sie einen Fischkutter, der seine Fangarme ausgefahren hatte. Möwen flogen mit lautem Geschrei, über sie hinweg. Sie sprang von ihrem Pferd und ließ ihn neben sich laufen, während sie durch den dicken, feinen Sand lief. Sie drehte sich mit ausgebreiteten Armen im Kreis. Es war herrlich hier. Tief atmete sie die frische Luft ein, während der Wind mit ihren Haaren spielte.
Die aufrollenden Wellen erreichten fast ihre Stiefelspitzen und sie trat einen Schritt zurück, sah ihnen nach, wie sie langsam zurückrollten, um gleich darauf, nach vorn auf den weißen Sand zu gleiten. Das ewige Spiel des Meeres.
Sie blieb erstaunt stehen, als sie in der Ferne einen Reiter auf sich zu preschen sah und erkannte wenig später Sultan, mit Doktor Claussen. Gleich spürte sie ihr Herz rasen und das merkwürdige Gefühl, welches ihren ganzen Körper durchströmte. Der zügelte das Tier und sprang herunter, als er sie erblickte.
Moin, Frau Jensen. Schon so früh unterwegs?
Sieht so aus, oder? Guten Morgen. Na, Sultan, mein Feiner, behandelt er dich gut? Sie schaute ihn dabei schmunzelnd an, während sie den großen, fast schwarzen Hengst tätschelte.
Ich reite ihn schon seit Jahren, immer wenn ich Zeit habe, meistens am frühen Morgen. Da habe ich meine Ruhe und er kann sich so richtig austoben. Übrigens, Glückwunsch, Sturmwolke ist ja prächtig gelaufen.
Natürlich. Was ich anpacke, funktioniert immer.
Das ist aber nicht Ihr Verdienst, sondern Thomas, Jans und des Jockeys , rückte er ihr Gerede zurecht. Wollen Sie ihn behalten und weiter trainieren?
Mal sehen. Ich bin erst gestern angekommen und rede später mit Jan.
Schweigend spazierten sie am Strand entlang.
Frau Jensen, würden Sie heute Abend mit mir Essen gehen , hörte sie seine dunkle Stimme und wurde aus ihren Gedanken gerissen, schaute ihn erstaunt an. Warum das denn?
Sie sind eine Kundin. Warum also nicht?
Heute nicht! Ich bin erst seit gestern zurück und da gibt es noch einiges zu erledigen.
Ich hörte, Sie waren in Mailand.
Ja. Da musste ich schwer arbeiten.
Am Samstagabend vielleicht?
Gut, so gegen acht Uhr dürfen Sie mich abholen. Vielleicht wissen Sie ja bis dahin, woher Sie mich kennen , lachte sie und bemerkte sein verblüfftes Gesicht.
Was soll ich? Verwechseln Sie mich gerade? Nicht verstehend blickte er sie an.
Ich habe es damals Ihrem Blick angesehen.
Sie scheinen ein wenig verwirrt. Ich habe Sie das erste Mal bei der Beerdigung kurz gesehen, nie wirklich wahrgenommen. Danach wusste ich noch nicht einmal, wie Sie aussahen. Wir sollten das mit dem Essen lassen. Ich möchte garantier