Das kollektive Unbewusste und die Archetypen
Das kollektive Unbewusste ist also eine Schicht des Unbewussten, deren Vorhandensein sich nicht aus dem Leben eines Individuums erklären lässt. Die Inhalte des kollektiven Unbewussten sind nicht spezifisch für das individuelle Ich und stammen auch nicht aus persönlichen Erwerbungen. Vielmehr haben sie einen kollektiven Hintergrund und sind a priori vorhanden.
Die Kollektivität zeigt sich an gewissen Verhaltens- und Funktionsweisen der Psyche, die allen Menschen gemein sind. Dazu gehören bestimmte kollektive Arten des Verhaltens, des Denkens und des Fühlens, aber auch instinktive Reaktionsweisen auf bestimmte Situationen, die in jedem Menschen verankert sind. Beispielsweise die instinktive Reaktion von Menschen auf Gefahren, auf Feuer usw. Diese Reaktionsweisen sind eben bei allen Menschen gleich – bei Afrikanern ebenso wie bei Europäern. Sie lassen sich überall und zu allen Zeiten – unabhängig von aller Tradition – nachweisen. Diese allgemeinen Muster nun sind Grundlage jedes Lebens. So gehört zu diesem Muster auch jede Erscheinungsweise auf der Welt. Es gibt sehr viele unterschiedliche Menschen. Jedoch sind alle nach dem gleichen Muster aufgebaut. Ebenso gibt es sehr viele unterschiedliche Pferde. Jedoch ist der Bauplan, das Muster für jedes Pferd gleich. Jeder Samen wird einst zu einer Pflanze führen. Doch nur deswegen, weil es hierfür ein Muster gibt, in welches die Pflanze hineinwachsen kann.
Und so ist es mit allem, was wir sehen und wahrnehmen können. Für alles existiert ein grundsätzliches Muster. Platon hat dieses Muster als Ideen bezeichnet. Das Muster selbst können wir niemals vollständig erkennen. Jedoch können wir die individuellen Ausformungen dieser Muster in unserer Welt sehen.
Das kollektive Unbewusste stellt nun ein solches Muster dar. Dieses Muster ist für alle Menschen gleich. Und daher bezeichnet man es als archetypisch. Aus diesem Muster können Teile herausgenommen und isoliert betrachtet werden. Diese Teile werden als Archetypen bezeichnet.
Die Archetypen stellen »Bahnungen«, eine Art Achsensystem dar – eben das Muster. An diesem Achsensystem befinden sich die archetypischen Bilder. Sie sind die Kraftzentren und Kraftfelder des Unbewussten. Jedoch sind Archetypen und archetypische Bilder nicht identisch. Nimmt man beispielsweise den Archetypen des Pferdes, so hat man das vollkommene Muster. Aus diesem Muster heraus entstehen nun Pferde. Alle sind unterschiedlich, sind individuell. Der Mensch nimmt seine Umwelt, und somit auch die Pferde, in Form von Bildern wahr. Da es sehr viele Pferde gegeben hat und gibt, alle mit unterschiedlichem Aussehen und Verhalten, gibt es sehr viele unterschiedliche Bilder davon – mit den entsprechenden Erfahrungen, die Menschen mit Pferden gemacht haben. Diese Bilder nun lassen sich inhaltlich einander zuordnen. So gibt es viele Bilder vom ungestümen Hengst oder auch vom stolzen Ross. Der Kern dieser Bilder, der bei allen gleich ist, wird als archetypisch bezeichnet. Dies sind dann archetypische Bilder, die den grundsätzlichen Archetypen des Pferdes anhaften. Jedes archetypische Bild hat auch eine bestimmte Kraft beziehungsweise Energie. Diese ist bestimmt aus allen Erfahrungen, die Menschen mit Pferden gemacht haben.
Wir haben bisher also festgestellt, dass die Form des kollektive