1. KAPITEL
Noch eine Stunde, dann war es so weit.
Thadie Le Roux blickte ihr Brautkleid auf dem Doppelbett an und berührte ihr Haar, das zu platinblonden Mikrozöpfen geflochten war, die im Nacken zu einem eleganten Knoten geschlungen waren.
Nach zahlreichen Rückschlägen und einem wahnsinnigen Presserummel waren sie fast auf der Ziellinie. In zwei Stunden war sie Mrs. Clyde Strathern.
War Clyde, der in einer anderen Suite weiter den Flur entlang untergebracht war, aufgeregt?
Sie nicht. Nicht besonders. Aber andererseits hatte sie zuletzt in jener Nacht in London vor vier Jahren Schmetterlinge im Bauch gehabt und war schwindlig vor Aufregung gewesen, als sie, untypisch für sie, einem tollen Fremden erlaubt hatte, mit ihr in ihr Hotelzimmer zu gehen und mit ihr zu schlafen.
Es war eine einmalige Kollision gewesen, und ihr Zusammensein machte ihr das schönste Geschenk ihres Lebens, ihre Zwillingssöhne Gus und Finn.Du kannst doch nicht an Angus denken, Thadie, nicht an deinem Hochzeitstag.
Sie zog den Gürtel ihres kurzen Morgenmantels fest, setzte sich auf die Bettkante und starrte ihr absurd teures Brautkleid an. Die Zweifel, die sie während der vergangenen drei Monate gehabt hatte, schlugen über ihr zusammen, und ihr Atem ging flach vor Angst. Was machte sie denn hier? Clyde liebte sie nicht, sie liebte ihn nicht.
Thadie zwang sich, ihre Zweifel zu verdrängen.Du weißt, warum du heiratest, Le Roux, es war eine wohlüberlegte Entscheidung, erinnerst du dich?
Clyde hatte sich dazu bereit erklärt, bei ihren Jungs mit anzupacken, was bedeutete, dass sie mehr Zeit für sich selbst hatte. Sie wollte vielleicht wieder als Designerin arbeiten. Teilzeit, natürlich.
Und ja, ihren Jungs einen Vater zu besorgen, ließ sie sich ein bisschen weniger schuldig fühlen, weil sie etwas für sich selbst tun wollte. Sie brauchten einen Vater, und Rugby-Superstar und Nationalheld Clyde, sportlich und intelligent zugleich, war eine gute Wahl.
Es war einfach ein Geschäft: Clyde mochte ihre Medienpräsenz und wollte zur berühmten Familie Le Roux gehören. Sie wollte einen Vater für ihre Jungs, die Einsamkeit und Verantwortung loswerden, eine alleinerziehende Mutter zu sein. Sie wusste, dass sie sich niemals nach seiner Liebe sehnen würde, und vorausgesetzt, dass er sein Versprechen hielt, dabei zu helfen, Gus und Finn großzuziehen, würde er sie niemals enttäuschen.
Konnte man es ihr verübeln, dass sie sich für ihre Söhne eine stabile, altmodische Erziehung von zwei Elternteilen wünschte? Clyde hatte eingewilligt, diese Herausforderung anzunehmen.
Thadie zuckte zusammen, als ihr einfiel, dass sich Clyde in letzter Zeit nicht viel mit den Zwillingen beschäftigt hatte. Plötzlich fragte sie sich, ob er ihr noch immer dabei helfen wollte, sie großzuziehen. Nein, sie überreagierte. Clyde hätte etwas gesagt, wenn er Zweifel daran gehabt hätte, sie zu heiraten.
Zugegeben, die letzten Monate waren schrecklich gewesen. Eine unbekannte Person hatte den ersten Veranstaltungsort für die Hochzeit abgesagt, und für eine Weile hatten sie keinen Veranstaltungsort für das gehabt, was Südafrikas Hochzeit des Jahres genannt wurde. Journalisten hatten öffentlich die Beziehung zwischen ihnen angezweifelt. Thadie war in den sozialen Medien getrollt worden. Und sie hatte Clydes Stiefschwester Alta bitten müssen, als Brautjungfer zurückzutreten, weil sie alles negativ sah. Trotz einiger Streitereien und vieler durch Stress und Frustration ausgelöster Tränen – ihre, nicht Clydes, ihn hatte das ganze Drama ziemlich kaltgelassen – hatten sie es bis zu ihrem Hochzeitstag geschafft.
Sie war nur gestresst. Alles war gut.
Thadie sah auf, als ihre beste Freundin Dodi ins Zimmer kam. „Ist Liyana hier? Sie hat versprochen, hier zu sein.“
Dodi schüttelte den Kopf. „Sie hat eine Textnachricht geschickt, sie würde direkt zur Kirche fahren.“
Obwohl sie gewusst hatte, dass ihre glamouröse Mutter sie hängen lassen würde, war Thadie enttäuscht. Liyana hatte noch nie in ihrem Leben ein Versprechen gehalten und war für sie nie wirklich eine Mutter gewesen, also warum erwartete sie an ihrem Hochzeitstag etwas anderes?
„Dumm von mir, zu glauben, dass sie sich Umstände machen würde“, sagte Thadie leise. „Aber andere