: Eva Neuland
: Soziolinguistik der deutschen Sprache Eine Einführung
: UTB GmbH
: 9783846344552
: 1
: CHF 23.60
:
: Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft
: German
: 398
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Genderlekt? Dialekt? Soziolekt? - Eine Einführung in die Vielfalt der deutschen Sprache Dieser Band bietet einen Überblick über Geschichte, Theorien und Richtungen sowie Forschungsmethoden der Soziolinguistik der deutschen Sprache. Dabei werden zentrale soziale Faktoren (u.a. soziale und regionale Herkunft, Gender, Generation, soziale Gruppe) und Prozesse (v.a. Migration, Mehrsprachigkeit, Sprachwandel) in ihrem Einfluss auf den Sprachgebrauch im Deutschen, vor allem der Gegenwart, berücksichtigt. Auch subjektive Faktoren von Sprachbewertungen und Spracheinstellungen sowie die Einflüsse der Soziolinguistik auf Schule und Sprachunterricht werden einbezogen. Der Band ist genau auf ein zentrales Thema germanistischer Prüfungs- und Studienordnungen zugeschnitten und eignet sich hervorragend zur selbstständigen Erschließung dieses spannenden Forschungsgebietes.

Prof. Dr. Eva Neuland lehrte Germanistik/Didaktik der deutschen Sprache an der Bergischen Universität Wuppertal.

2.4Soziolinguistische Theorieansätze


Zu den vier überwiegend aus der US-amerikanischen Forschung stammenden Theorieansätzen, die Dittmar (1997) in denGrundlagen der Soziolinguistik aufzählt:

  • Soziale Dialektologie oder Variationslinguistik,

  • Sprachsoziologie,

  • Ethnographie der Kommunikation,

  • Interaktionale Soziolinguistik,

wollen wir die Sprachbarrierenforschung hinzurechnen, die sich in Großbritannien entwickelt hat und großen Einfluss auf die Soziolinguistik der deutschen Sprache ausgeübt hat (→ Kap. II.1). Dabei müssen wir uns aus Platzgründen auf jeweilige Hauptvertreter und auf einige Grundgedanken und Grundbegriffe beschränken, wodurch der Aspektreichtum der jeweiligen Ansätze leider nur verkürzt und in Auswahl dargestellt werden kann.

2.4.1Code-Theorie und Sprachbarrierenthese (Basil Bernstein)


Der britische Soziologe Basil Bernstein (1924–2000) hat sich mit den Sprachfähigkeiten von Angehörigen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und dem Zusammenhang mit der Schulbildung beschäftigt. In seinen Schriften entwickelte er seit Ende der 1950er Jahre die These, dass der Bildungs- und Aufstiegserfolg von Gesellschaftsmitgliedern entscheidend vom Grad der Wohlorganisiertheit ihrer Sprachverwendung abhängt (Dittmar 1973: 1). In diesem Zusammenhang traf er die Unterscheidung einer ›öffentlichen‹Sprache der sozialen Unterschicht und einer ›formalen‹Sprache der Mittelschicht, die er in späteren Schriften alsrestringierten(RC) undelaborierten Code (EC) bezeichnete. Die durch die Sprache vermittelte unterschiedliche soziale Erfahrung deutet Bernsteins Orientierung an der Sapir-Whorf-Hypothese an, auf die er selbst mehrfach verweist.

Bereits in den frühen Schriften nimmt er eine Beschreibung der beiden Sprechweisen vor, die starke linguistische Kritik auf sich gezogen hat, wie er auch selbst in der Einleitung zu seinen Schriften konstatiert (z. B. 1972: 42). Besonders die Merkmalslisten des restringiertenCodes gleichen einer Mängelliste (1972: 88). Das hat mit dazu geführt, den Bernstein’schen Theorieansatz alsDefizitkonzeption zu bezeichnen, da die Unterschichtangehörigen über eine geringere sprachliche Variationsbreite zu verfügen scheinen: »Diese zentrale Annahme, daß die Unterschichtsprache unqualifizierter und beschränkter als die Mittelschichtsprache ist, wollen wir im folgendenDefizit-Hypothese nennen.« (Dittmar 1979: 1)

Schon in seinen frühen Schriften präsentiert Bernstein Charakteristika der beiden Codes (Tab. I.2.1).

Es verw