„Wut ist ein cis-männliches, überwiegend heterosexuelles Privileg.“14
(Ciani-Sophia Hoeder)
Zeichnen Marginalisierte eine Landkarte der Emotionen, nimmt Wut darauf eine markante Stelle ein. Für Marginalisierte gibt es viele Gründe, wütend zu sein: Ungerechtigkeit, Rassismus, Sexismus, das Patriarchat. Allerdings ist diesen Menschen das Ausleben ihrer Wut nur bedingt möglich. Lässt sich ein Kriterium der Berechtigung zur Wut feststellen? Inwiefern haben „Wutbürger:innen“ ein Recht darauf, wütend zu sein, wenn ihre Gründe nicht den Fakten entsprechen? Es scheint, als gäbe es unterschiedliche Berechtigungen – als hätten manche mehr Anrecht darauf, wütend zu sein und Wut in der Öffentlichkeit zu zeigen als andere. Ist Wut somit ein Privileg? Wer genau darf dann seiner Emotion freien Lauf lassen? Was würde sich ändern, wenn dies alle täten?
Wenn man Gefühle als Ratgeber versteht, dann signalisiert Wut, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wut als Gradmesser für empfundene Ungerechtigkeit zeigt laut, klar und deutlich, dass eine Veränderung notwendig ist. Diese Emotion hat also das Potenzial, uns ins Handeln zu bringen. Allerdings lediglich Potenzial, wohlgemerkt – denn Wut kann auch lähmen, statt zu aktivieren, und zerstören, statt zu verändern. Dabei ist sie nicht schwarz-weiß, sondern hat ihre Facetten und Nuancen. Das spiegelt sich auch in unserer deutschen Sprache, wenn man Wut beschreiben will: vor Wut platzt der Kragen, wüten wie ein Wirbelsturm, vor Wut aufstampfen, vor Wut kochen, sich aufbäumen vor Wut, vor Wut rasen, eine Wut im Bauch haben, vor Wut schäumen.
Die US-amerikanische Emotionsforscherin und Bestsellerautorin Brené Brown formuliert die verschiedenen Nuancen von Wut folgendermaßen:
„Anger is a catalyst. Holding on to it will make us exhausted and sick. Internalizing anger will take away our joy and spirit; externalizing anger will make us less effective