Ein Summen auf dem Nachttisch riss Delilah aus dem Schlaf. Ruckartig öffnete sie die Augen und blinzelte, bis der unbekannte Raum nicht mehr ganz so verschwommen wirkte – einmal, zweimal. Es musste mindestens zwei Uhr morgens sein, vielleicht sogar noch später. Hektisch tastete sie nach ihrem Handy. Ein seidenweiches weißes Bettlaken wickelte sich um ihre nackten Beine, während sie sich verzweifelt in Richtung des Brummtons drehte, der laut genug war, um –
Verdammt.
Nicht schon wieder. Der Name der Frau, die neben ihr lag, schlängelte und wand sich durch ihr Gedächtnis, kaum greifbar zwischen den vagen Erinnerungen an letzte Nacht und die Kunstausstellung in der winzigen Galerie Fitz im Village. Ein paar ihrer Fotos hatten an den Wänden gehangen, und einige Gäst*innen hatten anerkennend genickt und sie gelobt. Aber niemand hatte genügend Interesse gezeigt, um etwas zu kaufen. Dafür war der Champagner in rauen Mengen geflossen, gefolgt von reichlich Bourbon in der schrillen Bar in der MacDougal Street.
Delilah warf einen Blick über die Schulter auf die schlafende Frau neben ihr. Dunkelblonder Pixie-Haarschnitt, cremeweiße Haut. Ein hübscher Mund, volle Schenkel, fantastische Hände.
Lorna?
Lauren.
Nein. Lola. Ihr Name war definitiv Lola.
Vielleicht auch nicht.
Delilah biss sich auf die Unterlippe, schnappte sich das noch immer vibrierende Handy und starrte blinzelnd auf den Namen, der ihr im Dunkeln auf dem Display entgegenleuchtete.
Delilah grinste flüchtig, während sie sich daran erinnerte, wie sie den Namen ihrer Stiefschwester ganz bewusst falsch in ihre Kontaktliste eingetragen hatte, und tippte dann aufIgnorieren. Reiner Instinkt. Ihrer Erfahrung nach brachte ein Anruf um zwei Uhr morgens selten gute Neuigkeiten – vor allem, wenn Astrid Parker am anderen Ende der Leitung war. Außerdem: Wer zum Teufel rief heutzutage noch jemanden an? Warum konnte Astrid nicht eine Nachricht schicken wie jeder andere normale Mensch auch?
Okay, okay, möglicherweise schlummerten da ein paar unbeantwortete Textnachrichten in Delilahs Posteingang, aber eines musste man zu ihrer Verteidigung sagen: Mit der nächsten Monatsmiete vor der Tür und den ganzen Vorbereitungen für die Kunstausstellung in der Galerie, in der ihre Arbeiten nur deshalb hingen, weil sie die Besitzerin Rhea Fitz kannte – eine ehemalige Kollegin, deren Großmutter ihr genügend Geld hinterlassen hatte, um mit dem Kellnern aufzuhören und ihre eigene Galerie zu eröffnen –, hatte sie sich wahrscheinlich etwas hängen lassen. In den letzten Wochen war sie zwischen ihrem Teilzeitjob als Kellnerin imRiver Café in Brooklyn und ihren Freiberuflerinnenaufträgen für Porträtfotos und Hochzeiten hin und her gehetzt, wobei am Ende gerade genug Geld für Miete und Essen übrig blieb. Im Grunde war sie nur eine Katastrophe von einem Umzug nach New Jersey entfernt – der denkbar schlechteste Ort für jemanden, der sich in der gnadenlosen Kunstszene von New York einen Namen machen wollte. Sie hatte zwar ein paar ihrer Arbeiten verkaufen können, aber ihre Fotos galten alsniche. Und damit ließ sich nun mal kein Geld machen, wie ein Agent ihr verraten hatte, als er ihre Vertretung abgelehnt hatte.
Mit anderen Worten: Sie war so sehr damit beschäftigt, sich den Hintern in ihrer Nische abzuarbeiten, dass sie keine Zeit gehabt hatte, mit ihrer Stiefschwester zu reden. Außerdem war es ja nicht so, als ob Astrid sie tatsächlichmögen würde. Schließlich hatten sie sich seit fünf Jahren nicht mehr gesehen.
War das wirklich schon so lange her?
Wie auch immer. Es war verdammt spät. Delilah ließ das Handy auf ihre Brust sinken, während Jax zum ersten Mal seit einer ganzen Weile in ihren Gedanken auftauchte. Zum ersten Mal seit Monaten. Sie schloss die Augen, öffnete sie dann wieder und starrte hinauf an die Decke, die mit selbstklebenden Leuchtsternen übersät war. Plötzlich jagte eisige Panik durch ihre Adern, und s