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Was war der Grund für den Niedergang ihrer Liebe? Was war es für eine Liebe? Was zog diese beiden im Innern so einsamen Menschen an? War es ihre Einsamkeit, von der sie selbst nichts wussten?
Ich hielt es immer für einen Widerspruch, dass Elke sich nicht in einen starken Mann, in einen klassisch männlichen Mann, in einen Beschützer-Typ verliebte. Dass sie führen wollte und dass sie vermutlich nichts anderes konnte, als zu führen, war andererseits nur stimmig.
Sie erzählte mir von einer früheren Liebe. Johan aus Kassel. Im Alter sprach sie öfter von ihm und sie hatte kein reines Gewissen. Ich glaube, sie ließ ihn für Klaus mies sitzen. Und verriet dabei ihre Herkunft und die Revolution. Johan kam aus einer Arbeiterfamilie mit kommunistischer Tradition. Sein Vater hatte nach der Machtergreifung der Nazis drei Monate im Konzentrationslager Breitenau gesessen. 1943 war er in eine Strafdivision an der Ostfront einberufen worden, den Krieg hatte er als Einbeiniger überlebt. Wenn Elke Johan zu Hause besuchte, erlebte sie ihren potenziellen Schwiegervater als gebrochenen Mann, der zu viel trank und nachts wahnhaft murmelnd die Wohnung auf und ab humpelte. Sie gestand mir, wie sehr sie die Atmosphäre in Johans Elternhaus beklemmt hatte.
Mit dem Marxismus-Leninismus war es Johan aber ebenso ernst gewesen wie ihr und die beiden hatten leidenschaftlich und erfolgreich an der Frankfurter Universität agitiert.
Vielleicht wäre es zwischen den beiden gut gegangen? Vielleicht war der größte Konflikt meiner Eltern doch die Klassenschranke? Der Milieu-Unterschied? Elkes uneingestandene Sehnsucht nach Wohlstand und ihre Abwertung von Klaus’ bürgerlicher Herkunft (bei gleichzeitigem Neid)?
Elke war durch Leistung der Armut ihres Elternhauses entflohen. (Sie weigerte sich, sich einzugestehen, unter der Armut ihrer Eltern gelitten zu haben. »Es hat mir nicht geschadet, es hat mir nicht geschadet …«)
Genossin Schneider. Als sie meinen Vater kennenlernte, engagie