1.
Laut Statuten unseres Instituts kann Ihrem Ansuchen nicht willfahrt werden. § 26 des Technikums Hohenwelten besagt, dass die Aufnahme von weiblichen Studierendens unstatthaft ist.
Das Rektorat
Technikum Hohenwelten,
gez. Prof. Gerstenkorn.
Zornig ballte Loisi Hacker den Oktavbogen zusammen und schleuderte ihn in die Zimmerecke.
»Das nennt sich eine fortschrittliche Welt!« stieß sie erzürnt zwischen den Zähnen hervor. »Ein Mädchen, eine Frau kann nicht Brückenbauer oder Konstrukteur praktisch studieren, weil ihr die Vorbildungsanstalten die Türen verschließen.«
Mit einem Schwung warf sich die Erregte in einen Lehnstuhl, kreuzte die Beine und stützte den Kopf in die Hand.
Herr Pfleiderer erhob sich, nahm das Papier vom Boden, glättete es und las. Hin und wieder ließ er seinen Blick über den Briefrand schweifen und mit Wohlgefallen schielte er auf die schön geformten, bis über die Knie sichtbaren Beine des Mädchens, die in beigefarbenen seidenen Strümpfen staken.
»Ich verstehe dich nicht, Loiserl, warum willst denn durchaus Techniker werden? Ist das ein Beruf für ein junges Mädel? Hast du das notwendig? Ich kann dir nur immer wiederholen, dass du, wenn du …«
Mit scharfem Ruck warf Loisi den Kopf herum, und versuchte vergeblich den kurzen Rock über die Knie zu ziehen, als sie Pfleiderers Blicke wahrnahm. Wütend fauchte sie ihn an:
»Wollen Sie schon wieder von der unmöglichen Geschichte anfangen? Sind Sie noch immer nicht vernünftig geworden? Sie mit Ihren fünfundvierzig Jahren und ich mit meinen sechzehn! Nur dreißig Jahre sind Sie älter als ich. Lassen Sie mich endlich in Ruh’ mit Ihren Dummheiten!«
»Schau, Loiserl, der Altersunterschied macht gar nichts aus, ich möchte dir den Himmel auf Erden bereiten, ich möchte …«
Ein knallendes Geräusch verhinderte Pfleiderer den Satz zu beenden; sein Blick ruhte auf dem Brief und so hatte er nicht bemerkt, dass Loisi in das Nebenzimmer ging und die Tür mit Gewalt hinter sich zuschlug.
»Das Mädel ist rein verrückt«, murmelte Pfleiderer, »und ich alter Esel hab mich in sie vergafft und leb keine ruhige Stunde mehr. Recht hat sie ja mit dem Altersunterschied, aber sieht sie denn wie eine Sechzehnjährige aus? Jeder Mensch schätzt sie auf achtzehn bis zwanzig Jahre.«
Unruhig schritt Loisi in ihrem Zimmer auf und nieder, angestrengt arbeiteten ihre Sinne. Schon drei technische Studienanstalten hatten sie abgewiesen. Sie konnte es nicht begreifen, dass man in dieser modernen, fortgeschrittenen Welt einem Menschen eins Studium verweigerte, weil er weiblichen Geschlechts war. Es gab fast keinen Beruf mehr, in dem nicht Frauen den Männern den Rang streitig machten.Doctor med. jus, chemie, phil., theologie und jede andere akademische Laufbahn stand der Frau offen, nur den weiblichen Dr. ing. gab es nicht.
Alles, aber auch alles schlug ihr fehl. Als kleines Mädel spielte sie, anstatt mit Puppen, mit der Mutter Nähmaschine, zerlegte des Vaters Taschenuhr und verbrannte sich die Finger an den Lichtleitungsdrähten, als sie einen Schalter demontierte, die Drahtenden aneinander hielt und Kurzschluss verursachte.
Schon der Großvater war ein Bastler gewesen, hatte alle möglichen und unmöglichen Dinge erfunden und erbaut. An seiner Gartentüre hatte er eine verzwi