Ein zu verschlungner Knoten
Zieh dir etwas Ordentliches an!“ Maria Butschek stand vor Eugenias Kleiderschrank, schob einen Bügel nach dem anderen zur Seite und suchte nach einem passenden Kleid für ihre Tochter.
„Als hätte ich irgendetwas Unordentliches!“, gab Eugenia patzig zurück.
„Wie wäre es denn mit diesem dunkelblauen Kleid mit dem weißen Spitzenkragen?“
„Mama, ich gehe nicht in die Kirche!“
„Leider“, murmelte ihre Mutter. Ihr Mann hatte sich durchgesetzt und Eugenia erlaubt, sich bei der Schauspielschule zu bewerben. Sie war tatsächlich zum Vorsprechen eingeladen worden, auch wenn sie mit ihren vierzehn Jahren eigentlich viel zu jung war. Wenn es um eine Ausbildung als Kleidermacherin gegangen wäre, hätte das Alter keine Rolle gespielt, das konnte man in jungen Jahren erlernen. Aber als Kind zum Theater?
Gut, das Konservatorium in Wien hatte einen tadellosen Ruf, sie hatten sich erkundigt. Es war eigentlich eine Ausbildungsstätte für den musikalischen Nachwuchs, war im Musikvereinsgebäude in der Giselastraße untergebracht. In dieser Institution gab es einen „Lehrgang für Declamation und Mimik“. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet, sollte er vor allem den Studenten im Opernfach neben der stimmlichen auch eine darstellerische Ausbildung für ihre Rollen geben. Daraus hatte sich eine Schauspielschule entwickelt. Zwanzig Jahre später sollte das Max-Reinhardt-Seminar die Nachfolge antreten.
Eugenia zeigte auf ein Sommerkleid, für das e