: Xenophon
: Anabasis Xenophon - der berühmte Bericht aus dem antiken Griechenland - 14224
: Reclam Verlag
: 9783159621081
: Reclams Universal-Bibliothek
: 1
: CHF 7,80
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Xenophons »Anabasis« ist für den Griechischunterricht, was für den Lateinunterricht Caesars »De bello Gallico« ist: zentraler Lektürestoff. Für Historiker ist das Werk eine wichtige Quelle für die Zeit nach dem Peloponnesischen Krieg, als sich griechische Söldner im persischen Osten verdingten, um Kyros im Kampf um den persischen Königsthron zu unterstützen. Doch der Kriegszug im Jahr 401 v. Chr. scheitert - und die Griechen befinden sich auf einmal allein mitten in Feindesland. Die gefährliche Aufgabe, die Soldaten nach Hause zu führen, übernahm damals Xenophon, der Autor dieses Berichts. Die eingeführte und für ihre gute Lesbarkeit geschätzte Übersetzung von Helmuth Vretska wurde für diese Ausgabe behutsam sprachlich aktualisiert und mit einem neuen Nachwort versehen.

[5]Erstes Buch


1(1) Dem Dareios und der Parysatis wurden zwei Söhne geboren: ein älterer, Artaxerxes, ein jüngerer, Kyros. Als Dareios krank war und das Ende seines Lebens vorausahnte, wollte er beide Söhne in seiner Nähe haben.(2) Der ältere war nun zufällig anwesend. Kyros aber ließ er aus dem Herrschaftsbereich rufen, zu dessen Satrapen1 er ihn gemacht hatte. Er hatte ihn auch zum Befehlshaber aller Truppen ernannt, die sich in der Ebene von Kastolos sammelten. Kyros zog also ins Landesinnere mit Tissaphernes, seinem vermeintlichen Freund, und mit dreihundert griechischen Hopliten2 unter dem Befehl des Xenias aus Parrhasia.(3) Als Dareios gestorben war und Artaxerxes die Herrschaft übernommen hatte, verleumdete Tissaphernes den Kyros bei seinem Bruder, dass er Böses gegen ihn plane. Der schenkte ihm Gehör und ließ Kyros ergreifen, um ihn zu töten. Die Mutter aber setzte seine Begnadigung durch und schickte ihn wieder in seinen Herrschaftsbereich.

(4) Als er nun abreiste nach diesem gefahrvollen und schmählichen Erleben, sann er darauf, in Zukunft nicht mehr unter der Bevormundung des Bruders zu stehen, sondern, falls er die Macht dazu hätte, an dessen Stelle König zu werden. Seine Mutter Parysatis begünstigte Kyros, da sie ihn mehr liebte als den gegenwärtigen König Artaxerxes.(5) Alle, die aus dem Gefolge des Großkönigs zu ihm kamen, sandte er in solcher Stimmung zurück, dass sie ihm freundlicher gesinnt waren als dem Großkönig. Auch trug er Sorge, dass die Barbaren3 seiner Umgebung kriegstüchtig und ihm wohlgesinnt waren.(6) Die griechische[6]Streitmacht sammelte er, so heimlich er nur konnte, damit er den Großkönig möglichst unvorbereitet antraf. Auf folgende Weise nun führte er die Sammlung durch: Allen Kommandanten seiner Stadtbesatzungen gab er den Auftrag, möglichst viele und tapfere Peloponnesier4 anzuwerben, unter dem Vorwand, Tissaphernes plane einen Angriff auf die Städte. Denn die ionischen Städte standen ursprünglich unter der Herrschaft des Tissaphernes,5 da sie ihm vom Großkönig gegeben worden waren; damals aber waren alle außer Milet zu Kyros abgefallen.(7) Da Tissaphernes in Milet ahnte, dass manche dasselbe planten, nämlich zu Kyros abzufallen, ließ er die einen hinrichten, die anderen in die Verbannung treiben. Kyros nahm die Verbannten auf, sammelte ein Heer, belagerte Milet zu Land und zu Wasser und versuchte, die Vertriebenen wieder zurückzuführen. Das war ihm ein weiterer Vorwand für die Sammlung eines Heers.(8) Durch einen Boten an den Großkönig ließ er darum bitten, ihm als Bruder diese Städte eher zu verleihen, als dass Tissaphernes über sie herrsche. Dabei unterstützte ihn seine Mutter. Daher merkte der Großkönig den Anschlag gegen sich nicht, sondern meinte, Kyros unterhalte ein Heer, um gegen Tissaphernes Krieg zu führen. Somit war er nicht gegen ihren Krieg, den