: Paul Watzlawick
: Die Möglichkeit des Andersseins Zur Technik der therapeutischen Kommunikation
: Hogrefe AG
: 9783456755199
: 1
: CHF 20.00
:
: Angewandte Psychologie
: German
: 148
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Kommunikation als Königsweg zum Wandel: Paul Watzlawick wendet seine Theorie hier auf die konkrete therapeutische Situation an. Getreu dem Grundsatz similia similibus curantur sollte der Therapeut die pathogene 'Prosa' des Patienten erlernen - und sie zur Heilung verwenden. Aber nicht nur für Psychologen ist die Fort- und Umsetzung seines Klassikers 'Lösungen' eine außerordentlich lohnende Lektüre: In Kapiteln über Verhaltensverschreibungen und Rituale zeigt der Kommunkationsforscher und Psychotherapeut zudem auf, wie wir ganz konkret unsere Denk- und Verhaltensmuster aufbrechen und verändern können. Und damit zur Möglichkeit des Andersseins gelang können, jenem grundlegenden Mechanismus des menschlichen Wandels. Ein weiser und zeitloser Wegweiser für Berater, Coachs, Therapeuten und alle Menschen, die für sich und andere in Zeiten des Übergangs Hilfe suchen.

Unsere zwei Sprachen


Les mots et leur syntaxe, leur signification,

leur forme externe et interne ne sont pas des indices indifférents de la réalité,

mais possèdent leur propre poids et leur propre valeur.

Roman Jakobson

Überblicken wir das bisher Gesagte, so sehen wir, dass es inhaltlich so einigermaßen dem entspricht, was man sich von einem Fachbuch erwartet: eine Einführung, einen Überblick, die obligaten historischen Quellennachweise, einige persönliche Stellungnahmen des Autors, und dergleichen. In Bezug darauf, wie diese Seiten mit dem Leser in Kommunikation zu treten versuchen, also vom Standpunkt der sprachlichen Darstellung her, passt sich das Buch ebenfalls an die Norm an: seine Sprache ist erklärend, sie vermittelt Information (über deren objektiven Wert man natürlich verschiedener Meinung sein kann), und sie ist zerebral, intellektuell und, von den persönlichen Meinungen abgesehen, objektiv.

Nehmen wir nun aber an, das Buch hätte mit den letzten drei Zeilen von Hölderlins Gedicht «Hälfte des Lebens» begonnen:

Die Mauern stehn

sprachlos und kalt, im Winde

klirren die Fahnen.

oder mit dem Beginn von Leopardis Gedicht «Der Abend nach dem Fest» (La sera del dì di festa):

Die Nacht ist mild und klar, es weht kein Wind,

und auf den Dächern und im Grün der Gärten

ruht still der Mond, und in der Ferne zeigen

sich unverhüllt die Berge. Oh, Geliebte!

Ganz offensichtlich handelt es sich bei beiden Zitaten um eine grundsätzlich andere Sprache, die im Leser andere Bereiche anspricht. Die wenigen Worte Hölderlins, ihr Rhythmus und ihre Eindrücklichkeit (z. B. die Eiseskälte des «Klirrens» der Fahnen); der tiefe Friede und gleichzeitig die Sehnsucht, die aus den Zeilen Leopardis sprechen, übermitteln nicht Information, sondern evozieren, unabhängig von Zeit und Raum, die Seelenlandschaft des Dichters, und mit ihr auch die des Lesers.

Und gleich noch ein weiteres Beispiel, auch dies von einem souveränen Beherrscher der Sprache, nämlichKafkas Erzählung,Eine kaiserlicheBotschaft. Darin sendet der Kaiser von seinem Sterbebett gerade Dir, dem Einzelnen, dem jämmerlichen Untertanen, eine Botschaft. Und schon hat sich der Bote auf den Weg gemacht:

… ein kräftiger, ein unermüdlicher Mann; einmal diesen, einmal den andern Arm vorstreckend, schafft er sich Bahn durch die Menge; findet er Widerstand, zeigt er auf die Brust, wo das Zeichen der Sonne ist; er kommt auch leicht vorwärts, wie kein anderer. Aber die Menge ist so groß; ihre Wohnstätten nehmen kein Ende. Öffnete sich freies Feld, wie würde er fliegen und bald wohl hörtest du das herrliche Schlagen seiner Fäuste an deiner Tür. Aber statt dessen, wie nutzlos müht er sich ab; immer noch zwängt er sich durch die Gemächer des innersten Palastes; niemals wird er sie überwinden; und gelänge ihm dies, nichts wäre gewonnen; die Treppen hinab müsste er sich kämpfen; und gelänge ihm dies, nichts wäre gewonnen; die Höfe wären zu durchmessen; und nach den