: Johanna Steinfeld
: Unternehmen ohne Eigentümer Unternehmerische Entscheidungen der Optischen Werkstätte Carl Zeiss von 1889 bis 1933
: De Gruyter Oldenbourg
: 9783111053530
: Schriftenreihe zur Zeitschrift für UnternehmensgeschichteISSN
: 1
: CHF 86.00
:
: Geschichte
: German
: 346
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Die Schriftenreihe wird herausgegeben von der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte. In ihr werden die mit dem Preis für Unternehmensgeschichte ausgezeichneten Dissertationen, Habilitationen oder Monographien sowie unabhängige kritische Unternehmensgeschichten und gelegentlich Tagungsbände sowie Briefeditionen publiziert.

Herausgegeb n im Auftrag der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte von Carsten Burhop, Jan-Otmar Hesse und Christian Kleinschmidt.

In Verbindung mit Hartmut Berghoff, Andreas Fahrmeir, Christina Lubinski, Mary O'Sullivan, Werner Plumpe und Raymond Stokes.



Johanna Steinfeld, Goethe-Universität, Frankfurt/M.

2 Der Aufstieg der optischen Industrie


Die Kenntnis von den Prinzipien der Strahlenoptik war in ihren Grundzügen bereits in der Antike verbreitet. Auf dieser Kenntnis basierte die Erfindung der Brille im 13. Jahrhundert ebenso wie die Entwicklung erster Mikroskope im ausgehenden 16. Jahrhundert.105 In den darauf folgenden Jahrhunderten gab es indes keine wesentlichen Verbesserungen auf dem Feld der Optik, bis veränderte technologische und ökonomische Bedingungen ungekannte Wachstumschancen hervorbrachten. So entstand eine Nachfrage nach optischen Instrumenten mit hoher Präzision, die durch den wissenschaftlichen Entdeckungsdrang von Biologen, Medizinern und Astrologen gespeist wurde.106 Pariser und Londoner Optiker reagierten auf die Nachfrage, indem sie sich bereits im 18. Jahrhundert auf die Verbesserung der Herstellung von Mikroskopen und optischen Geräten konzentrierten, ohne dabei jedoch Berechnungen zur Beschaffenheit der Linsen zu Grunde zu legen.107 Die Optikermeister und ihre Gesellen behalfen sich daher beim Schleifen und Polieren des Rohglases zur Linse bis weit ins 19. Jahrhundert hinein mittrial-and-error-Methoden, dem sogenannten Pröbeln.108 Damit blieb es zumeist dem Zufall überlassen, wie das Endprodukt ausfiel. Die deutlich schwankende Qualität des Endprodukts wurde durch die wechselhafte Beschaffenheit des maßgeblichen Rohstoffes noch verstärkt, des damals verfügbaren optischen Glases.109

Trotz der unausgereiften Ergebnisse der Optiker entwickelte sich folglich schon vor der Entstehung der optischen Industrie110 ein Markt für optische Instrumente und Geräte. Die Anbieter waren lange Zeit Handwerker. Nur ein kleiner Teil der Produktion optischer Instrumente war in seiner Struktur Veränderungen im Zuge der Protoindustrialisierung unterworfen. So wurde die traditionell ansässige Brillenmacherzunft in einigen süddeutschen Städten zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch im Verlagssystem arbeitende, unselbständige Arbeiter abgelöst. Sie produzierten Brillen in großer Stückzahl, die sich in Herstellungsart und Güte jedoch nicht von den vorherigen Modellen unterschieden, die von Mechanikern hergestellt worden waren.111 Erst die vom Theologen Johann Heinrich August Duncker in Rathenow hergestellten Brillengläser brachten wesentliche Fortschritte in Bezug auf die Herstellungsweise.112 Aufgrund der technischen Fähigkeiten von Duncker hatte sich die von ihm im Jahr 1801 gegründete „ Optische Industrie-Anstalt” bereits bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Betrieb mittlerer Größe entwickelt.113 1871 wurde aus der „ Optischen Industrie-Anstalt” die Emil Busch- Aktiengesellschaft, die den Grundstein für die Stadt Rathenow als Hauptstandort der optischen Industrie legte.

Das Beispiel Dunckers verweist auf das Potential reproduzierbarer Herstellung, welches durch das Einbringen technischer Kenntnisse entfaltet werden konnte. Voraussetzung für ein reproduzierbares Ergebnis der Produktion optischer Instrumente war die V