: Eduard Eduard ?torch
: Abenteuer am großen Fluss
: Chiara-Verlag
: 9783961273188
: 1
: CHF 2.70
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: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 339
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Das Buch enthält zwei Geschichten aus der Bronzezeit. Sie gehören zu den eindrücklichsten Geschichten von Eduard ?torch. Er erzählt nicht nur von längst vergangenen Zeiten. Die Spannung begleitet uns von den ersten Zeilen bis zum Ende. ?torch lässt die Menschen aus längst vergangenen Zeiten für uns lebendig werden. Er schildert ihre Schicksale in berührender Weise, die die Leser*innen miterleben und mitfühlen lässt. Und zum Schluss wird man Sagen: Ja, so könnte es gewesen sein! Eduard ?torch (* 10. April 1878 in Ostrom??; ? 25. Juni 1956 in Prag) war ein tschechischer Schriftsteller, Pädagoge und Archäologe. Nach Abschluss des Realgymnasiums in Hradec Králové besuchte ?torch die dortige Lehrerbildungsanstalt. Danach wirkte er als Schulrat zunächst in Nordböhmen und Ostböhmen. Von 1903 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1938 unterrichtete ?torch in Prag. Bei Lubor Niederle studierte ?torch Archäologie. Daneben galt sein Interesse auch der Ethnographie und Biologie. 1935 verfasste ?torch zusammen mit Karel ?ondl ein dreiteiliges Geschichtslehrbuch für die Bürgerschulen. Das sehr fortschrittliche Werk mit dem Titel 'Praktisches Geschichtsbuch für die Bürgerschule' wurde vor allem von der katholischen Kirche scharf angegriffen und führte 1936 zu einer förmlichen parlamentarischen Anfrage des Senators und Katecheten Alois Roudnický (?SL) an die tschechoslowakische Regierung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts publizierte ?torch eine Reihe von Büchern zur Ur- und Frühgeschichte Böhmens und Mährens. Später verarbeitete er diese Thematik in Jugendbüchern. Bekanntheit erlangte ?torch im deutschsprachigen Raum vor allem durch die in mehreren Auflagen erschienenen Erzählungen 'Die Mammutjäger', 'Der Bronzeschatz' und 'Abenteuer am großen Fluß'. In Lobe?, dem Schauplatz seines Romans 'Minehava' fand er seine letzte Ruhestätte.
In einem lieblichen breiten Tal, an die Windung des Baches geschmiegt, lag vor ungefähr fünftausend Jahren eine kleine ärmliche Siedlung. Sie glich ganz einem Lager, wie es bis vor nicht langer Zeit noch herumziehende Roma zu errichten pflegten. Der alte Knurr kam vom Wald her, eine trockene Föhre auf der Schulter. Vor seiner kümmerlichen Hütte ließ er sie in den festgestampften Schnee fallen und holte erst einmal tief Atem. Als er seine kapuzenartige, mit Hundefell besetzte Kopfbedeckung zurückschlug, konnte man seine schwarzen schweißnassen Haare sehen, die über seine rauen und gefurchten Wangen herabhingen. Sein bärtiges Kinn zitterte vor Erschöpfung. In seinem wärmenden Pelzwerk ähnelte der alte Knurr einem Bären. Um die Lenden trug er einen Riemen, in dem ein scharfgeschliffenes, fest an ein Ahornheft gebundenes steinernes Beil steckte. Von der anderen Seite der kleinen Siedlung her hörte man zornige Schreie. 'Aha! Da tobt Wildling wieder...!' sagte Knurr halblaut und knurrte, wie es seine Art war, leise vor sich hin. Die Mehrzahl der Hütten bildete einen Kreis, nur wenige standen abseits. Ungefähr in der Mitte dieses Kreises stand eine mächtige Eiche. Ihre Krone war auf der einen Seite völlig vom Blitz zerschmettert. Unweit dieser Eiche sah man im Schnee einen ausgebrannten Fleck, die gemeinsame Feuerstelle. Sie war von mehreren Steinsitzen umgeben. Heute war der Beratungsplatz leer; die Bewohner der Siedlung hockten an ihren Feuern in den armseligen verschneiten Hütten und verkrochen sich vor der Kälte. Nur einige Kinder und junge Burschen liefen bei der Hütte Wildlings zusammen. Diese stand etwas abseits von den Behausungen der Altansässigen der hier lebenden Sippe der Raben. Wildling tobte wirklich. Er ärgerte sich, dass der harte, böse Winter kein Ende nahm. Die Hirsche warfen bereits die Geweihe ab, und gestern flogen Wildgänse über den Großen Fluss. Kinder wollen im Wald sogar die Spur eines Dachses gefunden haben, der aus seinem Winterschlaf erwacht war. Vom Frühling selbst aber war noch keine Spur zu sehen. Der Schnee lag kniehoch, und auf dem Teich beim Wald war das Eis noch so dick, dass man es nicht zerhacken konnte. Der alte Knurr, ein noch stattlicher Jäger, holte einen starken Klotz, den er hinter der Hütte liegen hatte, und schob ihn unter den mitgebrachten Baumstamm. Er wollte sich daranmachen, ihn in kurze Scheite zu zerkleinern. Er spuckte sich in die flache Hand und fasste das Beil - blieb aber sogleich wieder unbeweglich stehen, er horchte nach dem Gebrüll Wildlings. Dieser jagte jetzt sein Weib um die Hütte herum. Sobald Tilka einmal stehenblieb, schlug er sie mit einem Fichtenzweig über den Rücken. 'Zwei Tage habe ich nichts zu essen bekommen!' gröhlte Wildling. 'Ich schlage alles kurz und klein! Hu-ho-haa!' Und als das Weib ihm zwischen den Hütten davonlief, stürzte er sich auf die geheiligte Totemsäule gegenüber der Pforte und rüttelte sie so wütend, dass die mit Riemen und Schnüren an der Säule befestigten Opfergaben und Reliquien in Bewegung gerieten. Das Totem, ein behauener und geschmückter Eichenstamm, hatte ungefähr die Form einer menschlichen Gestalt mit großen Augen und einer langen schnabelförmigen Nase. An den Seiten waren aus Nadelholzreisig flügelartige Verzierungen angebracht und mit bewundernswerter Handfertigkeit hatte man mit den einfachen Steingeräten in die Säule heilige Zeichen geschnitzt, die wie Rabenspuren im Schnee aussahen. Wildling schrie in seiner Wut das Totem an: 'Eine solche Menge von Gaben hast du von uns angenommen! Immer bekamst du als erster etwas von unserer Jagdbeute und von unserem Schmaus, und jetzt, wo du helfen sollst, dass der Winter uns nicht zugrunde richtet, finden unsere Bitten bei dir kein Gehör! Bist mir ein feiner Beschützer der Sippe, lässt uns hungern und frieren! Hu-hu!' Wildling spuckte den Sippengötzen an, packte einen gefrorenen Schneeklumpen und warf damit nach der Säule, dass es nur so krachte. 'Gebete, Gaben, Honig, Milch, Blut - das alles nimmst du gern, nicht wahr? Aber ein bisschen für uns sorgen, damit wir nicht verrecken wie die Rebhühner dort auf dem Schnee, dafür hast du keine Zeit! Ha-ha-ho-haa!' Und wieder kam eine Salve von Schneeldumpen geflogen. Die Totemsäule färbte sich weiß von den zerplatzenden Schneeballen. Aus mehreren halb im Schnee begrabenen Hütten kamen die Bewohner herausgekrochen und beobachteten die unerhörten Lästerungen Wildlings. Voll Erregung erwarteten die Mitglieder der Sippe der Raben am Kunratitzer Bach, dass ihr allmächtiger Götze den schweren Schimpf sofort bestrafen werde. Das Sippentotem aber rührte sich nicht. Der Zeitpunkt furchtbarer Vergeltung war wohl noch nicht gekommen. Auch Kohlrabe, der Häuptling der Siedlung, Sachem1 und Zauberer kam heran. Er war ebenfalls in ein Bärenfell gehüllt und trug einen langen, geschnitzten Stab. 'Wilder Rabe, falte deine Flügel und mache den Schnabel zu!' befahl er streng. Der ergrimmte Wildling wagte keinen Widerspruch, zog aber ein mürrisches Gesicht. 'Wir müssen uns alle einschränken, Wilder Rabe,' sprach Kohlrabe bedächtig weiter. 'Auch in meiner Hütte werden die Mäuse nicht fett. Aber daran, dass du hungern musst, bist du selbst schuld! Ich habe die gesamte Getreideernte gerecht verteilt; jede Hütte erhielt ihren Teil - auch du, Wildling! Beschuldige unser erhabenes Totem nicht, es habe seine Kinder ohne Hilfe gelassen. Du bist selbst schuld daran, dass es in deiner Grube kein Getreide mehr gibt.' 'Wir haben Vieh im Pferch', unterbrach da Wildling die Rede des Sachem. 'Lass eine Kuh schlachten, und wir können uns alle satt essen! Warum sollen wir hungern, wenn wir Kühe haben?! Habe ich nicht recht?' 'Kohlrabe - gestatte, dass wir eine Kuh schlachten! Wir sehnen uns alle nach Fleisch, damit wir uns wieder einmal satt essen können,' ergriffen nun auch mehrere andere Angehörige der Sippe die Partei Wildlings. 'Ich erlaube es nicht!' rief der Sachem erregt. 'Wir haben einen Stier, die drei letzten Kühe, eine Färse und ein Kalb! Das ist mit einigen Schafen, Ziegen und Schweinen der ganze Besitz unserer Sippe und die einzige Sicherung unseres künftigen Lebens. Wir können unsere karge Habe nicht noch dadurch schmälern, dass wir eine Kuh oder ein Schaf schlachten. Hat uns im Sommer nicht großes Unglück betroffen, als fremde Räuber uns zwei Kühe und vier Schafe vom Weideplatz oberhalb des Großen Flusses raubten? Wir müssen warten, bis unsere Kühe Kälber bekommen, dann wird das Hab und Gut unserer Sippe wieder wachsen.' 'Ich werde im Schneetreiben elend zugrunde gehen!' schrie Wildling. 'Ich habe nichts mehr zu essen!' 'Gib uns eine Kuh, Kohlrabe!' riefen wieder ein paar Männer. 'Auf die Kälber können wir nicht warten; der Hunger wühlt jetzt grimmig in unseren Eingeweiden!' Mit düsterem Blick trat der Häuptling nahe an Wildling heran. Ihm war klar, dass er den drohenden Aufruhr sofort unterdrücken musste, wenn nicht die ganze Siedlung dem Untergange geweiht sein sollte. Die hungrigen Menschen würden sich ja doch nicht mit einer Kuh allein zufriedengeben, sie würden in ihrem Unverstand den ganzen augenblicklich vorhandenen Viehbestand, den Kern des zukünftigen Reichtums, vernichten. Wildling wich vor dem strengen Blicke des Sachem zurück. 'Wilder Rabe, schau mir in die Augen! Sage mir vor allen Leuten, wohin dein Getreide, deine gesamte Zuteilung, gekommen ist! Du warst früher ein guter Jäger und deine Hand war voll Kraft. Der Große Geist hat dich und deine Frauen gesegnet - drei Söhne hat er dir geschenkt. Warum aber zittern jetzt deine Knie und warum ist deine Hand so schwach, dass sie ohne Hilfe nicht einmal einen Baum fällen kann? Der Große Geist straft nach Gebühr. Deine Söhne hat er mit schlimmen Eiterbeulen heimgesucht und sie sind zu gleicher Zeit gestorben. Ebenso deine jüngere Frau. Und all das konnte nur geschehen, weil du in deiner Hütte Feuerwasser zusammenbraust. Du bekamst ebenso viel Gerste und Weizen wie die anderen, aber nur dir keimt di