: Lina Eichler, Henning Jeschke, Jörg Alt
: Die letzte Generation - das sind wir alle Wenn die Welt in Flammen steht, hilft es nicht, den Feueralarm auszustellen
: bene! eBook
: 9783963402647
: 1
: CHF 15.00
:
: Gesellschaft
: German
: 192
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Wir meinen es ernst, dass wir wirklich um unser Überleben kämpfen auf diesem Planeten.«  Lina Eichler, Henning Jeschke - Mitstreiter*innen der Letzten Generation- und Unterstützer Jörg Alt beschreiben in ihrem gemeinsamen Buch, wie ihnen deutlich wurde, dass sie ihr Leben in die Waagschale werfen müssen, um für einen sofortigen, wirksamen Klima-Schutz zu kämpfen. Warum für sie ziviler Ungehorsam und Widerstand der einzige Weg ist, um auszudrücken: Es ist noch nicht zu spät, wenn wir jetzt die radikale Wende schaffen. Massive Hitze, Dürren, Waldbrände, Überschwemmungen - alles verheerende und spürbare Folgen des Klima-Wandels; vielmehr: des Klima-Notfalls. Wir erkennen, dass wir nicht einfach so weitermachen können, wie bisher. Aber wir sind mit all den Krisen, in denen wir stecken, überfordert; würden die drohende Klima-Katastrophe am liebsten verdrängen. Wir hängen an dem, was lange Zeit unser Leben bestimmt hat, an der unbegrenzten Möglichkeit, jederzeit aus dem Vollen zu schöpfen. Und es nervt, wenn Umwelt-Aktivist*innen behaupten, wir wären 'die letzte Generation', die die Klima-Katastrophe abwenden kann - und mit ihren Aktionen unseren Alltag stören. Was treibt diese Menschen an, sich derart radikal politisch zu engagieren? Lina Eichlers und Henning Jeschkes Engagement für die Letzte Generation begann mit einem Hungerstreik, den sie gemeinsam mit fünf anderen jungen Aktivist*innen während der Bundestagswahl im Spätsommer 2021 in Berlin antraten. Das gemeinsame Ziel: ein Gespräch mit den damaligen Kanzler-Kandidat*innen über den 'Verrat an der jungen Generation'. Nach über 27 Tagen Hungerstreik sicherte Olaf Scholz dem inzwischen in Lebensgefahr schwebenden Henning Jeschke und seiner Mitstreikenden ein Gespräch zu. Dr. Jörg Alt wurde durch den medial eng begleiteten Hungerstreik auf die Klima-Widerständler*innen Lina Eichler, Henning Jeschke und deren Anliegen aufmerksam. Der Jesuitenpater war es, der hartnäckig immer wieder Kontakt zu den Kanzlerkandidat*innen der verschiedenen Parteien aufnahm und appellierte, den Hungerstreikenden endlich ein Gespräch zuzusagen. Der 61-jährige Jörg Alt ist längst selbst zum Klima-Aktivisten geworden, auch wenn er zunächst einige 'Stör-Aktionen' der Letzten Generation nicht guthieß. Was die drei eint, sind der Glaube an wissenschaftlich gesicherte Fakten, die sich längst in der Realität zeigen, und ihre Überzeugungen, für die sie eintreten. Zum besseren Verständnis enthält das Buch aktuelle Erkenntnisse zum Stand der Dinge in Sachen drohender Klima-Katastrophe. Und es bietet Lösungsansätze, was jede und jeder von uns tun kann, um einen Teil dazu beizutragen, dass auch nachfolgende Generationen auf diesem Planeten noch eine Lebensgrundlage haben: Politiker*innen immer wieder zu sagen, dass sie ihrer Klima-Schutz-Verantwortung zu unser aller Wohl endlich nachkommen müssen, den eigenen Konsum und die Fortbewegung auf den Prüfstand zu stellen und vieles mehr. Das Buch zur aktuellenKlima-Schutz-Debatte  

Lina Eichler, Jahrgang 2002, wuchs im Ruhrgebiet auf. Sie fand über verschiedene Tierrechts- und Klimagruppen in den zivilen Widerstand und zum Hungerstreik. Angesichts des Klimanotstands verließ sie die Schule kurz vor dem Abitur und schloss sich der Letzten Generation an. Heute protestiert sie und koordiniert in Vollzeit den Widerstand.

»Die sind ja jesuitischer als die Jesuiten«


Jörg Alt

»Liebe Grüße, Henning Hungerstreikender« stand am Ende der E-Mail vom5. September2021. Das war mein erster Kontakt mit Henning. Seitdem ich2019 dieFridays for Future in Nürnberg entdeckt habe, ist der Klimawandel zu einem meiner Hauptthemen geworden. In meinem Leben und im Orden hatte ich schon immer zwei Rollen: die eines Wissenschaftlers und die eines Interessenanwaltes, wie man das bei uns in der Gemeinschaft übliche Wort »advocacy« übersetzen kann. Früher ging es mir vor allem um Menschen in Flucht und Illegalität, Kampagnenarbeit kenne ich durch die Antilandminenkampagne und die zur Finanztransaktionssteuer. Auf den Hungerstreik im Herbst2021 bin ich früh aufmerksam geworden. Mir fiel auf, dass die Gruppe ihre Forderungen immer nur über Pressemeldungen kommunizierte. Weil ich in diesem Feld Erfahrung habe, bot ich an, direkte Kontakte zu den Kanzlerkandidat:innen zu vermitteln, denn nur so kommt man weiter. Es war mir ein Anliegen, mitzuhelfen, dass sie überhaupt zugeben: »Ja, wir haben zur Kenntnis genommen, dass diese Gruppe dort ist und dass sie mit uns ins Gespräch kommen will.«

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Jörg Alt ist1980 als sogenannter Interessent zu den Jesuiten gekommen. Sein Ausbilder gab ihm gleich zu Beginn ein heute berühmtes Dekret zu lesen.1974 hatte das höchste Gremium des weltweiten Jesuitenordens den eigenen Auftrag neu definiert und unter der Überschrift ›Dienst am Glauben und Förderung der Gerechtigkeit‹ verabschiedet. Die Jesuiten nennen diesen Beschluss auf ihrer Webseite einen Paukenschlag, der von großen Spannungen begleitet gewesen sei.

Jörg Alt wusste nichts von einem Paukenschlag, aber er wusste, dass das nach einem Rahmen klingt, in dem er leben könnte. Heute weiß er: »Deswegen bin ich Jesuit geworden.«

Sich als Ordenspriester politisch engagieren zu dürfen, war dann ein langer Weg. DieCSU in Bayern für den Umgang mit Asylsuchenden zu kritisieren zu dürfen, musste in den Anfängen genauso erkämpft werden wie ein Besuch der katholischen Grünenpolitikerin Christa Nickels bei einem Ordenstreffen. Dass heute der globale Blick auf Ungerechtigkeit und das Eintreten für Gerechtigkeit zum Ordensleben gehört, liegt auch an einem Meilenstein im Jahr2008. Damals hat die Generalversammlung in Rom sich zum ersten Mal »Advocacy« zu eigen gemacht, also das öffentliche Eintreten für Menschen, die gewöhnlich keine Fürsprecher haben. Wenn Jörg Alt sich heute mit den Zielen und dem zivilen, gewaltfreien Vorgehen derLetzten Generation solidarisiert, z.B. in Form von Straßenblockaden, unterstützen ihn viele aus der Ordensspitze in Rom und aus den verschiedensten Kontinenten. So steht es auf der Homepage der Zentraleuropäischen Jesuiten: »Neben Alt unterstützen weitere hochrangige Jesuiten aus dem Bereich ›Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit‹ die Proteste, wie der Orden mitteilte. Darunter seien der Leiter des Sekretariats Soziale Gerechtigkeit und Ökologie an der Generalskurie in Rom, Xavier Jeyaraj, der Direktor des Jesuit Justice and Ecology Network Africa, Charles Bwayla Chilufya, der Direktor des Development Office der Jesuit Conference India-South Asia, Siji Chacko, sowie Pedro Walpole, Director of Research des Instituts Environmental Research For Social Change auf den Philippinen.«3

 

Lehr- und Wanderjahre.Oder wie nimmt man politisch Einfluss?

Den Weg zu dieser Haltung gestaltet Jörg Alt beharrlich mit. Die Anfänge seiner eigenen politischen Reise liegen in den1980ern. Damals arbeitet er bei einer Beratungsstelle für Asylbewerber des Diözesan-Caritasverbands Würzburg und gründet einen Freundeskreis für ausländische Flüchtlinge im Regierungsbezirk Unterfranken.

»Als ich angefangen habe mit Flüchtlingen zu arbeiten, habe ich relativ schnell gesagt: es bringt ja nichts weiter, Essen oder Kleider umzutauschen, sondern es geht darum, die Essenspakete abzuschaffen und die Sachleistungsverpflegung durch Gutscheine oder Bargeld zu ersetzen. Aber das kann man nur, indem man Kampagnen macht und Politiker nervt. Die politische Dimension humanitärer Arbeit war mir früh bewusst.«

Kampagnen und Politiker:innen nerven – genau das macht Jörg Alt in seiner Zeit in Würzburg, weil für ihn die offizielle politische Einflussnahme der Kirche zu kurz greift.

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Zu meinem Glück setze ich nach meinem Praktikum in Würzburg mein Studium in London fort. Am Heythrop College der University of London kann ich in ganz kleinen Gruppen studieren, diskutieren, meinen Neigungen nachgehen und meinen Horizont erweitern.

Als ich mit meinem Bachelor aus London zurückkomme, ist die Welt in Deutschland eine andere. Die Wende, die friedliche Revolution von1989, hat stattgefunden. Ich will den für den Westen neuen Teil erleben und gehe nach Leipzig, habe dort in der Pfarrei St. Georg eine Halbtagsstelle als Kaplan. Den Rest meiner Zeit bin ich als Ausländerbeauftragter für das Katholische Dekanat Leipzig tätig und arbeite im Sächsischen Flüchtlingsrat mit.

Diese meine ersten Leipziger Jahre lehren mich viel über Menschen, die komplett im Schatten leben. Menschen, ohne die unsere Wirtschaft nicht funktionieren würde. Das wird noch wichtig werden. Aber zunächst nimmt mein Leben eine völlig andere Wendung. Erst mal kommen Landminen auf mich zu.

 

Der Friedensnobelpreis

Als Ordensmensch habe ich nicht nur ein Leben in Armut und im Zölibat versprochen, sondern auch eines im Gehorsam. Bei den Jesuiten ist Gehorsam immer dialogisch, wir werden einbezogen, wenn es darum geht, was unsere nächst