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Simone
Januar
Eleonora hält die Leiter, an der die Farbdose hängt. Oberhalb von ihr pinselt Maren etwas über die Eingangstür, mit einem groben, verklebten Borstenpinsel und karamellfarbenem Lack. Ein Bienenstock: Marens Idee, nachdem sie die ganze Wohnung ausgemalt hatten. Nachdem sie die Vorhänge aufgehängt hatten. Nachdem sie die Hausregeln auf die Tafel geschrieben hatten, gemeinsam. Eleonora umklammert die Leiter fester als nötig.
Niemand soll behaupten können, nicht vor uns gewarnt worden zu sein, sagt Maren. Alle ziehen am selben Strang, und jede hat einen Stachel, mit dem sie unter Einsatz ihres Lebens zuzustechen bereit ist. Ist doch eine schöne Metapher, oder?
Simone sagt lieber nichts. Zu dick aufgetragen, die Metapher. Zu träumerisch. Was auf Insektenebene so großartig funktioniert, muss sich bei den Menschen nicht durchsetzen, will sie sagen. Aber ganz ohne Träume keine Visionen. Und ohne Visionen keine Veränderung. Und ohne Veränderung immer dieselbe Scheiße. Simone lächelt den Bienenstock an, der eine kleine Beule hat.
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für nachhaltiges Wohnexperiment
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Tiere, keine Männer, leider nicht barrierefrei.
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Simone hört Eleonora staubsaugen, erst das Rattern über den Parkettboden, dann das Schlagen gegen die Stuhlbeine und Wände, dann das Umstecken des Aufsatzes und das Stochern in die Ritzen hinter den Heizkörpern, und endlich die Stille. Diese unvermeidliche Putzerei. Hochgeputzt hat sich in dieser Gesellschaft noch niemand, aber ohne Putzen geht nichts. Beim Putzen fängt die Gemeinschaft zum Stinken an. Das hat sich schon oft bewahrheitet. Simone hat Eleonora den Blick der beiden Neuen einfangen gesehen, letzte Woche, als sie vorgesprochen haben. Wie sie um sic