2. KAPITEL
Ich muss ihn zu Tode gelangweilt haben, dachte Madison, während sie Stone unauffällig von der Seite musterte. Ihr Gespräch war irgendwann im Sande verlaufen. Jetzt hatte er die Augen geschlossen und sich in seinem Sitz zurückgelehnt. Sie konnte nicht erkennen, ob er schlief oder einfach nur tief in Gedanken versunken war. Doch sie nutzte die Gelegenheit, ihn genauer zu mustern.
Wenn man einen Mann als anziehend bezeichnen konnte, dann traf diese Beschreibung auf ihn zu. Obwohl er saß, erkannte sie seine breiten Schultern und die schmalen Hüften. Doch am meisten faszinierten Madison seine mandelförmigen Augen. Die Farbe wie dunkler Samt und sein Blick, der bis auf den Grund ihrer Seele vorzudringen schien, hatten sich ihr tief eingeprägt.
Madison ertappte sich dabei, wie sie wünschte, er würde sie noch einmal ansehen, damit sie in diesen dunklen Tiefen versinken konnte.
Sein Gesicht mit den hohen Wangenknochen wurde von kurz geschnittenen schwarzen Locken umrahmt. Beim Anblick seiner sinnlichen Lippen hatte Madison das Gefühl, förmlich dahinzuschmelzen. Wie es sich wohl anfühlen würde, mit den Fingerspitzen ganz sachte über seine glatte kastanienbraune Haut zu streichen?
Zum ersten Mal in ihrem Leben saß Madison in einem Flugzeug, ohne dass die Angst vor einem Absturz sie lähmte. Und das hatte sie Stone zu verdanken, der ihre gesamte Aufmerksamkeit gefangennahm.
Normalerweise war sie nicht der Typ für einen Flirt. Nicht nach dem, was Cedric ihr angetan hatte. Herauszufinden, dass der Mann, den man heiraten wollte, eine Affäre hatte, war hart gewesen. Seitdem war Madison fest entschlossen, niemanden mehr an sich heranzulassen. Manche Menschen waren einfach dazu bestimmt, allein zu bleiben. Mit dieser Vorstellung hatte sie sich notgedrungen arrangiert.
Gedankenverloren ließ sie sich in den Sitz zurücksinken. War ihre Mutter einfach zu lange allein gewesen? Lag es vielleicht daran, dass sie mit irgendeinem Kerl durchgebrannt war, den sie kaum kannte?
Madison wusste, die Ehe ihrer Eltern war nicht besonders glücklich verlaufen. Doch auch nach dem Tod ihres Mannes vor zehn Jahren hatte Abby Winters sich nicht für andere Männer interessiert. Was also hatte dieser eine Mann jetzt an sich, dass sie ihm sogar in die Berge folgte?
Madison unterdrückte ein Seufzen. Die Midlife-Crisis, ganz eindeutig. Nachdem sie diese Diagnose gestellt hatte, überlegte Madison, was sie ihrer Mutter sagen würde, sobald sie ihr gegenüberstand.
Auf diese Frage fand sie nicht wirklich eine Antwort. Doch eins war klar: Erwachsene Frauen, die mitten im Leben standen, liefen nicht einfach so mit dem Erstbesten davon!
Sie selbst war fünfundzwanzig. Und sie würde niemals etwas mit einem Mann anfangen, den sie nicht kannte. Nicht einmal, wenn er so umwerfend gut aussah wie Stone. Madison musterte den Mann neben sich aus dem Augenwinkel. Widerstrebend musste sie sich eingestehen, dass die Vorstellung, mit ihm durchzubrennen, durchaus verlockend war.
Sehr verlockend sogar.
Rasch schob sie den Gedanken zur Seite. Eine übergeschnappte Frau in der Familie war mehr als genug.
Und wenn sie wirklich Onkel Corey gemeint hat?
Wieder und wieder grübelte Stone über diese Möglichkeit nach. Er gab vor, zu schlafen, damit Madison seine Unruhe nicht bemerkte. Ob er Durango anrufen sollte? Sein Cousin, der inzwischen ebenfalls als Park Ranger arbeitete, wusste sicher mehr.
Hm, solange Madison neben ihm saß, war das nicht möglich. Sie würde jedes Wort mithören. Also musste er bis nach der Landung warten. Und er hoffte inständig, dass es nich