1. KAPITEL
Julia Keys verließ das Taxi vor dem Haus ihrer Eltern unter Blitzlichtgewitter und lauten Zurufen der Reporter.
„Wo ist Derek, Julia? Kommt er zur Hochzeit Ihrer Schwester?“
„Stimmt es, dass Sie zusammen mit Derek nach einem Haus suchen?“
„Läuten bei Ihnen bald die Hochzeitsglocken?“
Die Fragen nahmen kein Ende. Dabei waren sie völlig aus der Luft gegriffen. Derek war ihr Partner bei den momentanen Dreharbeiten – mehr nicht. Sie würde ihn auf keinen Fall daten, auch wenn ihr Leben davon abhinge. Allein von der Vorstellung wurde ihr übel, mehr noch als bei der Morgenübelkeit, unter der sie am Anfang ihrer Schwangerschaft gelitten hatte. Und das wollte etwas heißen.
Sie wich den Reportern aus und rollte den Koffer mit einem Wochenvorrat an Designerkleidern hinter sich her den Weg hinauf zum Haus ihrer Eltern. Bei ihrem letzten Besuch in Wilmington zu Beginn des Sommers hatte der Rhododendron geblüht. Das war auch das letzte Mal gewesen, dass Logan Brandt ihr Herz mit Füßen getreten hatte. Zum allerletzten Mal. Das hatte sie sich fest vorgenommen.
Ihr Vater kam die Stufen zur Veranda heruntergelaufen und nahm sie in seine Arme. „Gewöhnt euch mal Manieren an!“, rief er in Richtung der Paparazzi, die an der Straße stehen geblieben waren.
Zumindest besaßen die lokalen Presseleute genug Anstand, kein Privatgrundstück zu betreten. Das ließ sich von ihren Kollegen in Los Angeles oder New York leider nicht sagen. Nach zehn Jahren beim Film hatte Julia sich widerstrebend mit diesen Begleiterscheinungen ihres Berufs abgefunden. Am Morgen hatte ihre Managerin sie völlig hysterisch angerufen und sie gewarnt, dass die Pressemeute über sie herfallen würde, weil das Gerücht in Umlauf gekommen war, sie hätte eine Affäre mit ihrem Filmpartner.
„Tut mir leid, Daddy. Rede nicht mit ihnen. Sie verschwinden wieder, wenn wir sie ignorieren.“ Sie hauchte ihrem Vater einen Kuss auf die glatt rasierte Wange. Sein Haar war noch voll und von kräftigem Braun – derselbe Ton, den auch Julias Locken hatten, nur dass sich an seinen Schläfen die ersten grauen Strähnen zeigten. Sein Blick verriet Sorge, was durchaus verständlich war. Schließlich stand die eine Tochter unmittelbar vor ihrer Hochzeit, während die andere der Presse zufolge einen sehr zweifelhaften Männergeschmack bewies. Julia konnte nur hoffen, dass er genauso ruhig blieb, wenn sie ihm von ihrem eigentlichen Problem erzählte. Einem Problem, das ihn zum Großvater machen würde.
Ihr Vater führte sie ins Haus. Hier war es nur unwesentlich kühler als draußen. Sie wusste, es hatte keinen Zweck, ihn zu bitten, die Klimaanlage einzuschalten. Für ihn war jetzt im September Herbst. Und das bedeutete, dass die Klimaanlage nicht mehr nötig war. Obwohl die Sommertemperaturen in North Carolina bis Ende Oktober anhalten konnten.
Ihre Mutter betrat das Wohnzimmer. Sie trug eine ärmellose rosa Bluse und eine weiße Caprihose. Das rotbraune Haar hatte sie sich zu einem Pferdeschwanz gebunden, dazu hatte sie wie immer ihre eleganten Perlenohrringe angelegt. Sie rieb sich die Hände an einem karierten Küchentuch trocken. Julias jüngere Schwester, Tracy, folgte ihr dicht auf den Fersen. Die Braut in spe war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Tracy musterte Julia, als wäre sie der Teufel in Person. Unwillkürlich fragte Julia sich, ob sie bei den Pressehaien vor dem Haus nicht bessere Chancen hätte.
Ihre Mutter umarmte Julia und gab ihr einen Kuss. „Schön, dich zu sehen, Liebes. Ich freue mich sehr, dich schon zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten zu Hause zu haben.“
Drei Monate. Genug Zeit, um schwanger zu werden. „Das Klassentreffen von der Highschool war schön und gut, aber es kommt ja nicht jeden Tag vor, dass meine kleine Schwester heiratet.“ Julia wollte Tracy umarmen.
Tracy stemmte ihre Arme in die Seiten. „Wie lange wollen wir noch so tun, als ob Julia nicht versuchen würde, mir die Hochzeit zu verderben? Wenn ihr herumstehen und so tun wollt, als wäre