Vorwort
Wer waren die Plantagenets? Die im Buch beschriebenen Personen haben den Namen nicht geführt, mit einer einzigen Ausnahme: Gottfried, Graf von Anjou, ein gutaussehender, streitlustiger junger Mann mit roten Haaren. Der 1113 geborene Gottfried trug gern einen Zweig mit gelb blühendem Ginster am Helm und schmückte seinen Schild mit Löwen. Von der lateinischen Bezeichnung für Ginster(planta genista) leitet sich der Name Plantagenet ab, die schreitenden Löwen, die den Kopf dem Betrachter zuwenden, wurden zum symbolträchtigen Wappentier der englischen Könige, auf Standarten vor riesigen Armeen in die Schlacht getragen, in den kühlen schottischen Lowlands genauso wie in den staubigen Ebenen des Nahen Ostens. Darin steckt eine gewisse Ironie: Gottfried war nie in England, zeigte kaum Interesse an diesem Teil seines Reichs und starb 1151, drei Jahre bevor sein ältester Sohn die englische Krone erbte.
Dennoch hat der Name Plantagenet einen machtvollen Klang. Gottfrieds Nachfahren herrschten mehr als zwei Jahrhunderte lang als Könige über England, angefangen bei Heinrich II., der 1154 gekrönt wurde, bis zu Richard II., der 1399 von seinem Cousin Henry Bolingbroke abgesetzt wurde. Die Plantagenets waren die am längsten herrschende Königsdynastie in England, und während sie regierten, entstanden einige der grundlegenden charakteristischen Merkmale, die wir heute mit England verbinden: Die Grenzen des Reichs wurden festgelegt. Die Beziehungen zu den Nachbarn – in erster Linie zu Schottland, Wales, Frankreich und Irland, aber auch zu den Niederlanden, zum Papsttum und zu den iberischen Reichen, aus denen später Spanien hervorging – wurden etabliert. Rechtsgrundsätze und Regierungseinrichtungen, die bis heute bestehen, wurden in ihren Grundformen angelegt – einige freiwillig, andere durch Zufall oder unter Zwang. Eine reiche Mythologie nationaler Geschichtsschreibung und Legenden entstand, und auch die Verehrung zweier Heiliger – Eduard der Bekenner und der heilige Georg – stammt aus dieser Zeit. Die englische Sprache entwickelte sich von einem unkultivierten, ziemlich rauen lokalen Dialekt zur Sprache der Parlamentsdebatten und der poetischen Dichtung. Burgen, Paläste, Kathedralen und Denkmäler wurden errichtet, von denen viele heute noch stehen und vom Genie der Männer künden, die sie einst erdachten, erbauten und gegen Angriffe verteidigten. Helden wurden geboren, starben und wurden zu Legenden; ebenso die Übeltäter, deren Namen immer noch in den Geschichtsbüchern widerhallen. (Denn manche dieser Übeltäter trugen die Königskrone.) Einige der berühmtesten und dramatischsten Schlachten der europäischen Geschichte wurden in dieser Zeit ausgetragen, etwa die Schlacht bei Bouvines und die Schlacht von Bannockburn, die Seeschlachten von Sluis und Winchelsea, die Schlacht bei Crécy und bei Poitiers. Zwischen dem Zeitalter der Normannen, in dem Kriegskunst eine Kunst der Belagerung war, und dem aufkommenden 15. Jahrhundert, in dem offene Feldschlachten üblich waren, wurde die Militärtaktik revolutioniert; und die Engländer mit ihren tapferen Kriegern und todbringenden berittenen Bogenschützen waren der Schrecken Europas. Gegen Ende der Plantagenet-Ära begannen die Engländer, die Kriegsführung auf offener See zu verfeinern. Die Seekriegstaktik hinkte etwas hinter der für Landkriege her, doch Mitte des 14. Jahrhunderts gab es so etwas wie eine englische Marine, die