: Adam LeBor
: District VIII Kriminalroman
: Polar Verlag
: 9783948392673
: 1
: CHF 19.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 400
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Vor dem Keleti-Bahnhof in Budapest wacht Simon Nazir, ein Flüchtling aus Aleppo, in seinem Schlafsack auf. Er und seine Frau warten seit Tagen darauf, in einen Zug nach Deutschland zu steigen. Das ist das endgültige Ziel, das viele Hunderte Vertriebener zu erreichen hoffen, die sich in der gleichen Lage wie Simon befinden. Die ungarische Regierung verweigert ihnen die Durchreise. Simon erkennt jemanden aus Aleppo und lässt seine schlafende Frau zurück, um ihm zu folgen. Er wird es nicht nach Deutschland schaffen. Als Balthazar Kovacs, Kriminalbeamter bei der Budapester Mordkommission, eine Nachricht erhält, dass am Platz der Republik 26, dem ehemaligen Sitz der Kommunistischen Partei, eine Leiche gefunden wurde, ist diese bei seinem Eintreffen verschwunden. Kovacs begibt sich auf eine Reise tief in die dunkle Schattenseite Budapests, eine Reise, die ihn zwingen wird, zwischen dem Gesetz und der Realität der Flüchtlinge zu wählen. Hinter den Kulissen wird viel Geld mit der Krise verdient.

Adam LeBor wurde 1961 in London geboren. 1991 beschloss er, Auslandskorrespondent zu werden und zog nach Budapest, um über die Nachwirkungen des Zusammenbruchs des Kommunismus zu berichten. Er schreibt für The Economist, Monocle, Newsweek, New York Times und rezensiert in der Literary Review. Seine Noir-Krimireihe spielt in Budapest. In deren Mittelpunkt steht Balthazar Kovacs, ein Roma-Ermittler der Budapester Mordkommission. LeBor veröffentlichte mehrere Sachbücher und Kriminalromane. Er lebt mit seiner Familie in London.

Prolog


Keleti-Bahnhof, Freitag, 4. September 2015, 6:05 Uhr


Er lag auf dem Rücken, den Schlafsack zwischen den Beinen verheddert, das Nylon feucht auf seiner Haut. Ein Lautsprecher knisterte mehrere Sekunden, verstummte, feuerte dann eine lange Salve scheinbar wild durcheinandergewürfelter Vokale und Konsonanten ab und verstummte wieder. Er hatte einen trockenen Mund und eine belegte Zunge, sein T-Shirt war völlig durchgeschwitzt.Wo war er?

Er drehte sich auf die Seite, schaute sich um und erinnerte sich. Ein Junge mit einem schmalen Gesicht, vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt, lag zusammengerollt unter einer braunen Kunstfaserdecke, seine schmutzige Hand hielt einen zerrissenen Rucksack. Eine Mutter und ihr Baby lagen auf einem Stück Wellpappe neben seinen Füßen. Das Kind wimmerte leise, während die Mutter davon nichts mitbekam und leise schnarchte, ihr pausbackiges Gesicht im Schlaf ruhig und gelassen.

Simon Nazir legte die Hand auf den Rücken seiner Frau, spürte, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte, ließ die Finger durch ihr schwarzes, lockiges Haar gleiten, spürte die Wärme ihrer Haut und schloss die Augen. In seinem Kopf war er immer noch in Aleppo: Er hörte das Lachen der Ladenbesitzer im Basar, den Ruf des Muezzins, roch die Mischung aus altem Staub, Kaffee und Kardamom. Er atmete durch die Nase ein. Der warme Viehgestank ließ ihn beinahe würgen. Er schlug die Augen auf, griff nach der Flasche Wasser und nahm einen tiefen Schluck. Die Flüssigkeit war abgestanden und schmeckte nach Plastik. Die Sonne war bereits aufgegangen, und der türkisfarbene Himmel mit s