Dass ein Ding, wenn es still liegt, ewig still liegen wird, wenn es nicht durch etwas anderes bewegt wird, ist eine Wahrheit, an der niemand zweifelt. Dass aber ein Ding, wenn es in Bewegung ist, ewig in Bewegung bleiben wird, wenn nicht etwas anderes es aufhält, obwohl der Grund derselbe ist, nämlich, dass nichts sich selbst ändern kann, ist nicht so leicht zu bejahen. Denn die Menschen messen nicht nur andere Menschen, sondern auch alle anderen Dinge an sich selbst; und weil sie sich nach der Bewegung dem Schmerz und der Abgeschlagenheit unterworfen finden, meinen sie, alles andere werde der Bewegung überdrüssig und suche von sich aus Ruhe; und bedenken wenig, ob nicht eine andere Bewegung darin besteht, dass sie in sich selbst das Verlangen nach Ruhe finden. Daher sagen die Schulen, dass schwere Körper nach unten fallen, aus dem Verlangen, sich auszuruhen und ihre Natur an dem Ort zu erhalten, der für sie am besten geeignet ist; sie schreiben den unbelebten Dingen absurderweise das Verlangen und die Kenntnis dessen, was für ihre Erhaltung gut ist, zu (was mehr ist, als der Mensch hat).
Wenn ein Körper einmal in Bewegung ist, so bewegt er sich (es sei denn, etwas anderes hindert ihn) ewig; und was ihn hindert, kann ihn nicht in einem Augenblick, sondern mit der Zeit und nach und nach ganz zum Erlöschen bringen: Und wie man auf dem Wasser sieht, dass, wenn der Wind aufhört, die Wellen noch lange nicht aufhören zu rauschen, so geschieht es auch mit der Bewegung, die in den inneren Teilen des Menschen gemacht wird, wenn er sieht, träumt, usw. Denn nachdem der Gegenstand entfernt oder das Auge geschlossen ist, behalten wir noch ein Bild von dem Gesehenen, wenn auch undeutlicher, als wenn wir es sehen. Und das ist es, was die Lateiner Einbildung nennen, von dem Bild, das beim Sehen entsteht, und dasselbe, wenn auch unrichtig, auf alle anderen Sinne anwenden. Die Griechen aber nennen es Phantasie, was Erscheinung bedeutet, und zu einem Sinn ebenso gehört wie zu einem anderen. Die Einbildung ist also nichts anderes als der verfallende Sinn, und findet sich bei den Menschen und vielen anderen lebenden Geschöpfen, sowohl im Schlaf als auch im Wachzustand.
Der Verfall des Sinnes im wachen Menschen ist nicht der Verfall der Bewegung, die durch den Sinn gemacht wird, sondern eine Verdunkelung desselben, so wie das Licht der Sonne das Licht der Sterne verdunkelt; welche Sterne nicht weniger ihre Vertue ausüben, durch die sie sichtbar sind, am Tage, als in der Nacht. Weil aber unter den vielen Strömen, die unsere Augen, Ohren und anderen Organe von den äußeren Körpern empfangen, der vorherrschende nur empfindlich ist, und daher das Licht der Sonne vorherrschend ist, werden wir von der Wirkung der Sterne nicht betroffen. Und wird ein Gegenstand von unseren Augen entfernt, so bleibt zwar der Eindruck, den er in uns gemacht hat, bestehen, aber andere, gegenwärtigere Gegenstände folgen nach und wirken auf uns ein, so wird die Vorstellung der Vergangenheit verdunkelt und geschwächt, wie der Blick eines Menschen in der Nacktheit des Tages. Daraus folgt, dass die Einbildungskraft um so schwächer ist, je länger die Zeit nach dem Anblick oder dem Empfinden eines Gegenstandes ist. Denn die fortwährende Veränderung des menschlichen Körpers zerstört mit der Zeit die Teile, die durch den Sinn bewegt wurden: So dass die Entfernung der Zeit und des Ortes ein und dieselbe Wirkung in uns hat. Denn wie in der Entfernung des Ortes das, was wir betrachten, schemenhaft und ohne Unterscheidung der kleineren Teile erscheint, und wie die Stimmen schwach und unartikuliert werden, so wird auch nach großer Entfernung der Zeit unsere Vorstellung von der Vergangenheit schwach, und wir verlieren (zum Beispiel) von Städten, die wir gesehen haben, viele besondere Straßen, und von Handlungen viele besondere Umstände. Diesen verfallenden Sinn, wenn wir die Sache selbst ausdrücken wollen, (ich meine die Phantasie selbst) nennen wir Einbildung, wie ich schon sagte; aber wenn wir den Verfall ausdrücken und anzeigen wollen, dass der Sinn verblasst, alt und vergangen ist, wird er Erinnerung genannt. Also sind Einbildungskraft und Gedächtnis nur ein Ding, das aus verschiedenen Gründen verschiedene Namen hat.
Viel Erinnerung, oder Erinnerung an viele Dinge, wird Erfahrung genannt. Die erste, welche die Vorstellung des ganzen Gegenstandes ist, wie er den Sinnen dargeboten wurde, ist die einfache Vorstellung, wie wenn man sich einen Menschen oder ein Pferd vorstellt, das man vorher gesehen hat. Das andere ist eine zusammengesetzte Vorstellung, wie wenn man sich beim Anblick eines Menschen und eines Pferdes einen Zentauren vorstellt. Wenn also ein Mensch das Bild seiner eigenen Person mit dem Bild der Handlungen eines anderen Menschen verbindet, wie wenn ein Mensch sich einen Herkules oder einen Alexander vorstellt (was oft bei denen geschieht, die viel von der Lektüre von Romanen eingenommen sind), so ist das eine zusammengesetzte Vorstellung und eigentlich nur eine Einbildung des Geistes. Es gibt auch andere Imaginationen, die in den Menschen aufsteigen, (obwohl sie wach sind) von dem großen Eindruck, der in den Sinnen gemacht wird; wie von dem Blick auf die Sonne, der Eindruck hinterlässt ein Bild der Sonne vor unseren Augen eine lange Zeit nach; und von der langen und vehementen Aufmerksamkeit auf geometrische Figuren, wird ein Mann in der Dunkelheit, (obwohl er wach ist) die Bilder von Linien und Winkeln vor seinen Augen haben: welche Art von Phantasie hat keinen besonderen Namen; als eine Sache, die nicht allgemein in die menschliche Rede fällt.
Die Vorstellungen derer, die schlafen, sind die, die wir Träume nennen. Und auch diese (wie alle anderen Imaginationen) sind vorher gewesen, entweder ganz, oder durch Parzellen in den Sinnen. Und weil das Gehirn und die Nerven, welche die notwendigen Sinnesorgane sind, im Schlaf so beschlagen sind, dass sie nicht leicht durch die Wirkung äußerer Gegenstände bewegt werden können, so kann im Schlaf keine Einbildung geschehen, und daher auch kein Traum, sondern das, was von der Erregung der inneren Teile des menschlichen Körpers ausgeht; welche inneren Teile, wegen der Verbindung, die sie mit dem Gehirn und anderen Organen haben, wenn sie unruhig sind, dieselben in Bewegung halten; wodurch die Vorstellungen, die dort früher gemacht wurden, erscheinen, als ob ein Mensch wach wäre; nur dass die Sinnesorgane jetzt benommen sind, so dass es keinen neuen Gegenstand gibt, der sie mit einem kräftigeren Eindruck beherrschen und verdunkeln kann, ein Traum muß in dieser Stille der Sinne klarer sein, als unsere wachen Gedanken. Und daher kommt es, dass es eine schwierige Angelegenheit ist, und v