Das 19. Jahrhundert ist in Europa als Zeitalter des Wandels, mehr noch des Umbruchs sowie der bürgerlichen Revolutionen in die Geschichtsbücher eingegangen. Am Beginn dieser Entwicklung steht die Französische Revolution im Jahr 1789. Am 14.07.1789 stürmten die Menschen die Bastille in Paris. Wenig später am 26.08.1789 folgte die geschichtsträchtige Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte durch die französische Nationalversammlung, die mit der Verfassung von 1791 Frankreich für kurze Zeit in eine konstitutionelle Monarchie umwandelte.[3] Im Zuge des Ersten Koalitionskrieges wurde dann am 22.09.1792 die Erste Französische Republik ausgerufen. Mit der Zeit jedoch verkehrten sich die vielversprechenden Anfänge der Revolution allmählich ins Gegenteilige, bevor die Revolution schließlich mit der am 02.06.1793 beginnenden Herrschaft der Jakobiner in ihre letzte Phase eintrat, deren Höhepunkt Büchner in seinem DramaDanton´s Tod thematisiert bzw. genauer „[…] die dreizehn Tage zwischen der Guillotinierung der Hébertisten am 24.3.1794 und der Dantonisten am 5.4.1794.“[4] Was hat Büchner an der Französischen Revolution und besonders an dieser letzten Phase so interessiert? Welche Auswirkungen hatte die Revolution und ihre Folgen auf Büchners Heimatland Deutschland und somit auch auf sein Leben und Wirken? Diesen Fragen soll sich im Folgenden angenähert werden, indem die Anfänge des 19. Jahrhunderts charakterisiert sowie Epochen- und Gattungsfragen aufgegriffen werden.
Folgt man Peter J. Brenner, dann beginnt das 19. Jahrhundert in Deutschland, zumindest wenn man nach einer Zäsur sucht, etwas verspätet, nämlich erst im Jahre 1806.[5] In diesem Jahr löste sich nach über 800 Jahren das Heilige Römische Reich deutscher Nationen auf und es entstand unter Betreiben von Frankreichs Kaiser Napoleon der Rheinbund, ein Verbund territorial zersplitterter Einzelstaaten mit dem Ziel der Formierung eines Bundesstaates. Er bestand jedoch nur bis zur Niederlage Napoleons gegen Russland, Österreich, Schweden und Preußen in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober des Jahres 1813, zu deren Zeitpunkt Georg Büchner am 17.10.1813 im Großherzogtum Hessen geboren wurde. Das ist ein besonderer Zufall, denn genau zum Zeitpunkt von Büchners Geburt endet die Herrschaft Frankreichs über Deutschland und die Befreiungskriege gehen zu Ende. Was damals in der Bevölkerung blieb, war Aufbruchsstimmung, waren Schreie nach Veränderung, war ein neu aufkommendes Nationalbewusstsein sowie der Drang, sich von bevormundenden Kräften endlich loszulösen.[6] Mit der Gründung des Deutschen Bundes und der Heiligen Allianz im Jahre 1815 jedoch begannen die Machthaber, die Ideen der Revolution wieder zurückzudrängen und im Zuge der Restauration vorrevolutionäre Zustände wiederherzustellen. Das geschah sehr zum Leid und Unmut der Bevölkerung, denn deren Hoffnungen wurden damit zernichtet. Literaturwissenschaftler Gottfried Willems kommentiert in seiner Geschichte der deutschen Literatur dazu: „Dem Pathos der Befreiungskriege folgt die politische Ernüchterung. Das Jahr 1815 mit dem Wiener Kongress bedeutet eine einschneidende Zäsur. Die Neuordnung Europas in der nachnapoleonischen Phase leitet innenpolitisch und kulturell die Phase der Restauration ein.“[7] Und mit dem Beginn der Phase der Restauration setzt in Deutschland literaturgeschichtlich auch die Phase des sogenannten Vormärz bzw. Frührealismus und damit Büchners Epoche und Wirkungszeit ein.
Selbstverständlich ist mit solchen Epochenbegriffen als ex-post-Konstruktionen immer vorsichtig zu hantieren. Das beginnt im Falle Büchners schon mit der Epochenbezeichnung. Je nach Quelle tragen die jeweiligen Kapitel in den gängigen Literaturgeschichten unterschiedliche Bezeichnungen für die Zeit von 1815-1848. Bei Rinsum/ Rinsum (1998) steht die BezeichnungVormärz schon im Titel des Bandes, bei Peter J. Brenner (2011) steht das entsprechende Kapitel unter dem TitelBiedermeierzeit, bei Wolfgang Beutin (2019) unterVormärz und der Band von Gottfried Willems (2014) heißtVormärz und Realismus. Dabei sollte man nicht nachlässig werden und denken, die Begriffe würden am Ende alle das Gleiche meinen. So ist der BegriffBiedermeier eher ein umschreibender Begriff für die restaurativ geprägten Tendenzen der Zeit, während derVormärz eher auf die oppositionellen, aufbegehrenden Gruppen inklusive deren politische Literatur verweist, wie Bengt Algot Sørenson herausstellt.[8] Der Bezeichnungspluralismus ist a