1Lernen und Lehren
Ziele dieses Kapitels
In diesem ersten Kapitel lernen Sie die wichtigsten Begriffe der Hochschullehre kennen und anwenden. Dieses Kapitel versetzt Sie in die Lage,
- ■das Geschehen zu beschreiben, was passiert, wenn ein Mensch lernt,
- ■in der Rolle als Lehrende*r das Lernen zu unterstützen,
- ■die Begriffe Didaktik und Methodik im Hinblick auf die Hochschullehre zu erläutern und
- ■die Begriffe Kompetenz und Performanz zu erklären und auf die Hochschullehre anzuwenden.
Aufbau dieses Kapitels
Das erste Kapitel stellt die Begriffe Lernen, Lehren, Didaktik, Methodik, Kompetenz und Performanz nacheinander vor, erläutert sie an Beispielen und verdeutlicht den Zusammenhang zwischen diesen Begriffen und ihrer Bedeutung für eine gute Hochschullehre. Anschließend finden Sie eine Zusammenfassung für dieses Kapitel und abschließend folgt – wie in jedem Kapitel – die Abschlussaufgabe.
1.1 Lernen und Lehren
Mit dem Begriff Lernen verbinden sich meistens Erinnerungen an die Schulzeit oder auch an das Studium, und diese Erinnerungen sind tendenziell eher negativ. Lernen geschieht aber zu mehr als 50 Prozent informell, das heißt, es wird viel mehr im Alltag gelernt als in gezielten Lernsituationen und ohne dass es als Lernen überhaupt wahrgenommen wird (z. B. Lernen für ein Hobby, Lernen durch ein persönliches Projekt, das Sie selbst voranbringen möchten usw.).
1.1.1 Lernen und Motivation
Entscheidend für das Lernen ist die Motivation, was Sie an sich selbst feststellen können: Wenn Sie für eine Prüfung gelernt haben, nur um eine Klausur zu bestehen, wird es Ihnen schwerer gefallen sein, als wenn Sie für etwas gelernt haben, was Sie begeistert hat und für das Sie sich engagiert haben. Besonders in der Erwachsenenbildung wird viel leichter gelernt, wenn Sie wissen, wofür Sie lernen, und noch leichter, wenn Sie sich für die Sache engagieren, begeistern und motiviert sind. Hüther (2001) empfiehlt für ein gelingendes Lehren und Lernen folgenden Dreischritt: einladen, ermutigen und begeistern. Oder wie Spitzer (2012, S. 214) es formuliert: «Lernen heißt, ein Feuer zu entfachen, und heißt nicht, Fässer zu befüllen.»
Eine weitere Erklärung für die Bedeutung der Motivation für das Lernen liefert der Neugier-Erfolgs-Loop (Dyckhoff& Grochowiak 2001): Zunächst wird mein Interesse an einer Sache geweckt (Neugier), dann beschäftige ich mich näher damit und erlebe meistens Ernüchterung (weil ich noch viel lernen und mich trauen muss), danach folgt die Phase der Ausdauer, der intensiven Beschäftigung mit der Sache und anschließend kann ich den Erfolg genießen. Mit dieser positiven Erfahrung kann ich an die nächste neue Situation gehen (Abbildung 2).
Abbildung 2: Der Neugier-Erfolgs-Loop
Übungsaufgabe 1: | Notieren Sie sich aus demAbschnitt 1.1.1 Stichpunkte, die Sie für das Lernen wichtig finden. |
1.1.2 Der Lernprozess
Lernen ist ein Prozess. Dieser umfasst, Wissen aufzunehmen, zu verstehen, zu speichern und wieder abzurufen. Ob ein Sachverhalt, eine Aufgabe usw. verstanden wurde, lässt sich relativ leicht überprüfen. Wenn ich Wissen aufgenommen habe und mit eigenen Worten wiedergeben kann, habe ich das neue Wissen mit meinen eigenen Wissens- und Denkstrukturen verknüpft (Nachhilfeeffekt) und kann es anderen Personen erklären. Das Gegenteil ist der Fall, wenn jemand alles wortwörtlich auswendig aufsagen kann, aber den Sinn dahinter nicht erkannt hat. Dann hat er das Gelernte nicht verstanden und nicht in seinem Gedächtnis verankert: Er hat nicht gelernt.
Ein Lernprozess (Kolb 1984) beginnt mit einer konkreten Erfahrung, die die lernende Person mit der Umwelt allgemein oder mit einem bestimmten Gegenstand macht. Ist das Interesse geweckt, betrachtet die lernende Person den Gegenstand aus verschiedenen Perspektiven, das heißt, sie beobachtet reflektiert und versucht, diese Beobachtungen in einen Zusammenhang zu bringen (wenn …, dann …). Daraus entwickelt die lernende Person ein abstraktes