: Daniel Loick
: Anarchismus zur Einführung
: Junius Verlag
: 9783960601234
: 1
: CHF 12.60
:
: Philosophie
: German
: 252
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Begriff »Anarchismus« leitet sich vom griechischen an-archia, Nicht-Herrschaft, ab und bezeichnet die Idee einer Gesellschaft ohne Staat, Klassen oder sonstige Unterdrückungs- und Ausbeutungsformen. Anarchismus ist aber nicht nur eine Idee, sondern auch eine Praxis: politischer Kampf um Emanzipation und ein Versuch, die Idee der Selbstorganisation und Solidarität praktisch werden zu lassen. In dieser Einführung verbindet Daniel Loick die Rekonstruktion klassischer Positionen mit einer systematischen Diskussion anarchistischer Theorie und Praxis. Vorgestellt werden u.a. individualistische Spielarten des Anarchismus bei Godwin, Stirner und den amerikanischen Transzendentalisten sowie soziale Strömungen, für die Denker_innen wie Proudhon, Bakunin, Kropotkin, Landauer und Emma Goldman stehen. Im Anschluss an die Darstellung zentraler Motive anarchistischen Denkens wie Staat, Kapitalismus, Geschlechterverhältnisse und Aktionsformen diskutiert der Band aktuelle Fortentwicklungen und Aneignungen des Anarchismus.

Daniel Loick lehrt Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Politische Philosophie, Rechts- und Sozialphilosophie, Moralphilosophie und Ethik.

2.1 Individualistischer, libertärer und liberaler Anarchismus


2.1.1 William Godwin

Obwohl er den Begriff selbst nicht positiv verwendet, kann der britische Romancier und Journalist William Godwin (1756–1836) als einer der Begründer des philosophischen Anarchismus angesehen werden. Godwin, der aus der Familie eines calvinistischen Pfarrers stammte, war Ende des 18. Jahrhunderts einer der wichtigsten Denker_innen der radikalen Regierungskritiker_innen in England. Sein ganz im Geist des Rationalismus und der Aufklärung geschriebenes HauptwerkEnquiry Concerning Political Justice (1793), das erst 2004 unter dem TitelPolitische Gerechtigkeit in deutscher Übersetzung erschienen ist, enthält bereits viele Motive, die später für anarchistische Theorien kennzeichnend werden. Godwins Werk wurde im Nachklang der Französischen Revolution breit rezipiert und hatte einen bemerkenswerten Einfluss auf die internationale Diskussion um die Gestalt fortschrittlicher politischer Institutionen, wobei es in der anarchistischen Bewegung für lange Zeit keine große Beachtung fand. 1797 heiratete Godwin, der ein Verfechter der vollständigen Gleichstellung der Frau und ein Kritiker der Ehe war, die Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft. Aus der Ehe ging Mary Godwin hervor, später Mary Shelley, die als Autorin desFrankenstein weltberühmt wurde. Über Wollstonecraft, die kurz nach der Geburt ihrer Tochter im Kindbettfieber starb, schrieb Godwin eine detaillierte und offenherzige Biografie, die ihm die Verachtung der konservativen Presse einbrachte, so dass sein journalistischer Ruf nachhaltig beschädigt wurde. Godwin, der sich im Laufe seines Lebens politisch mäßigte, lebte fortan ein eher abgeschiedenes Leben und starb achtzigjährig.

Politische Gerechtigkeit ist ein ebenso faszinierendes wie umfangreiches Buch, in dem es keinesfalls nur um politische Gerechtigkeit, sondern auch u