: Matthias Zimmer
: Grundsätzlich Christlich-Sozial Beiträge zur Grundsatzdebatte der CDU
: Verlag Herder GmbH
: 9783451829932
: 1
: CHF 17.40
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 320
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Was können uns die Prinzipien der christlichen Soziallehre heute noch sagen? Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA), der sozialpolitische Flügel der CDU, zeigt, dass die christliche Sozialethik Antworten gibt auf aktuelle politische Herausforderungen wie Klimawandel, Wohnen und Gleichberechtigung. Gerade in Umbruchsituationen bietet sie Orientierung und öffnet den Weg zu Lösungsansätzen jenseits liberaler oder sozialistischer Zugänge. 

Matthias Zimmer, Prof. Dr., geb. 1961, ist habilitierter Politikwissenschaftler und Honorarprofessor an der Universität zu Köln. Er ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages und stellvertretender Bundesvorsitzender der CDA, der Sozialausschüsse in der CDU.

Person und Gemeinwohl


von Matthias Zimmer


Politik geht vom Menschen aus und wird für den Menschen gemacht. Sie hat ihren Ausgangspunkt in der Frage: Was macht den Menschen aus? Was ist eine Politik, die dem Menschen gemäß ist? Und sie gewinnt ihre Vollendung in der Frage: Wie kann ich das, was dem Menschen gemäß ist, aber nicht einheitlich, nicht gleichgerichtet, für die Menschen gestalten? Wie kann ich individuelle Interessen und Gemeinschaft zusammendenken? Die erste Frage ist die Frage nach dem Menschen als Person. Der Mensch als Person ist das der sozialen Ordnung zugrunde liegende Prinzip. Aus ihm erwachsen sowohl weitere Ordnungsprinzipien der Gesellschaft als auch die uns leitenden Grundwerte. Die zweite Frage ist die Frage nach dem Menschen und dem Gemeinwohl. Gemeinwohl ist ein regulatives Prinzip. Es sorgt dafür, dass die Mannigfaltigkeit der unterschiedlichen Lebensentwürfe in einem vernünftigen, zustimmungsfähigen Ganzen zusammengeführt werden kann. Gemeinwohl ist ein anderer Begriff für soziale Gerechtigkeit, für Fairness. Es stellt Leitplanken des Zusammenlebens bereit, die für die Einheit in der Vielheit sorgen. Gemeinwohl ist kein festes Rezept, kein ideologisches Programm, sondern ein Erfordernis der praktischen Vernunft; ohne das regulative Prinzip des Gemeinwohls fiele die Gesellschaft auseinander, und eine Politik, die für den Menschen gemacht wird, wäre nicht möglich. Person und Gemeinwohl sind also dialektisch miteinander verbunden, sie bedingen sich gegenseitig. Personalität lässt sich ohne Sozialität und damit Gemeinwohlorientierung nicht denken. Ebenso wenig lässt sich Gemeinwohl denken ohne die Freiheit der Person, die eine Vergesellschaftung der Menschen verhindert.1

Der Mensch als Person


Politik wird für den Menschen gemacht. Was aber macht den Menschen aus? Was unterscheidet ihn vom Tier oder von anderen Bestandteilen der Schöpfung? Was ist es, auf das sich Politik bezieht, wenn sie vom Menschen spricht?

Die erste Antwort auf die Frage, was der Mensch ist, lautet: Er ist dasjenige Wesen, das diese Frage stellt und stellen kann. Er kann sich als Subjekt begreifen, also als ein von der Umwelt abgeschlossenes, autonomes (oder zumindest in den Grenzen der Biologie autonomes) Handlungssystem. Und er kann sich zweitens selbst reflektieren, also sich selbst zum Objekt machen. Er macht sich eine Vorstellung von sich selbst, indem er sich selbst zum Objekt seiner Betrachtung macht. Und schließlich kann er verallgemeinern, also eine begriffliche Fassung des Menschen denken: Das, was er für sich selbst reflexiv erfasst, kann er auf eine unbestimmte Vielzahl anderer Menschen übertragen und damit begrifflich denken.

Darüber hinaus kann dieser Mensch Vergangenheit und Zukunft erfassen. Aus der Vergangenheit erwächst seine Erfahrung, aus dem Wissen um die Zukunft die So