: Jasmin Romana Welsch
: Absolution Wie man eine Sünde überlebt
: Sternensand Verlag
: 9783961645169
: 1
: CHF 2.40
:
: Fantasy
: German
: 224
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mein Name ist Sixten. Ich denke, ich war ein durchschnittlicher Absteiger: unterbezahlt, launisch und auf das Leben und die ach so verkommene Welt schlecht zu sprechen. Da war mein kleines Drogenproblem, diese nervenaufreibenden Sitzungen bei Doktor Mattson und mein Kumpel Nils, der seit der Grundschule nicht gelernt hat, länger als zehn Stunden sauer auf mich zu sein. Summa summarum war mein Leben Mist, aber unkompliziert genug, um den Pessimismus in die tägliche Routine einfließen zu lassen. Ich hätte genau so weitergemacht, wäre nicht alles plötzlich unwirklich geworden. Auf einmal soll ich ein Todsünder sein und der Sklave eines Dämons werden das behauptet zumindest die sprechende Katze, die will, dass ich sie Meisterin nenne. Vielleicht habe ich auch einfach Wahnvorstellungen von der Kokserei bekommen. So oder so, mein Leben braucht eine Kehrtwende. Dann muss ich mich eben damit abfinden, dass es Himmel und Hölle gibt, auch wenn ich bisher Atheist war. Ich war ja auch ein gefühlskaltes Arschloch und finde mich jetzt damit ab, dass ich die Dämonen-Katze, die meine Seele verschachern will, irgendwie mag. Einer von uns wird trotzdem verlieren. Am Ende bin ich vielleicht tot, verrückt oder clean, aber das müsst ihr schon selbst herausfinden.

Jasmin Romana Welsch wurde 1989 in Graz geboren und lebt auch heute noch mit ihrem Freund und ihrer Hündin Yuki in der Steiermark. Obwohl sie bereits im Teenageralter das Schreiben für sich entdeckte, begann sie ein Jura-Studium. Erst nach der Veröffentlichung ihres ersten Romans widmete sich die junge Autorin gänzlich der Schriftstellerei. Aus ihrer Feder stammen mehrere Jugendbücher, in denen sich fast immer humoristische, aber auch dramatische Akzente wiederfinden.

Kapitel 1 – Sitzung mit Spasmen


Das Ticken der Uhr scheint lauter und langsamer geworden zu sein. Wenn man Zeit hat, sich auf das monotone Geräusch zu konzentrieren, kann es ungeduldig machen und gewaltig nerven. Mein Bein wippt im Sekundentakt auf und ab.

Während Doktor Mattson seine Notizen studiert und seine Gesichtsmuskulatur mal wieder kaum unter Kontrolle hat, beginne ich mich zu fragen, wie viele Stunden sie mir wohl zusätzlich aufhalsen, wenn ich hier ausraste und die Uhr meines Psychologen aus dem Fenster des zwölften Stocks werfe. Ich nehme an, dass die Zahl der Sitzungen überproportional zur Anzahl der Leute, denen die runde Glasscheibe den Schädel einschlägt, steigen würde. Ich werfe keine Uhren von Gebäuden – das ist wirklich nicht mein Stil.

»Sixten …«

Ich hatte mal einen Grundschullehrer, der meinen Namen genauso ausgesprochen hat. Die Einleitung zu einem eindringlich klingenden Ratschlag, den man an jemanden richtet, den man sowieso für taub hält.

»Sixten, deine Rebellion wird dich im Leben nicht weiterbringen. Such dir ein anderes Ventil für deine Energie – und jetzt lass die Frösche frei!«

Doktor Mattson rückt seine Brille zurecht, bevor er seine Version des ›Lass die Frösche frei‹-Vortrags zum Besten gibt.

Wenn er nicht diese Spasmen hätte, würde ihm seine verdammte Brille nicht immer bis zur Nasenspitze rutschen. Er merkt gar nicht, dass er ständig das Gesicht verzieht, als würde er gerade an einen Elektrozaun pinkeln. Seit ich ihn gefragt habe, ob er deshalb Medikamente nimmt, mag er mich nicht. Ich tue mich schwer damit, neue Freundschaften zu schließen.

»Wenn du diesen Weg, den du augenscheinlich eingeschlagen hast, weiter verfolgst, dann sehe ich für deine Zukunft nur eine endlose Aneinanderreihung von Therapien, Kliniken und vielleicht sogar Gefängnis. Das liegt doch nicht in deinem Interesse, oder?«

Ich schüttle den Kopf.

»Nein, ich möchte Feuerwehrmann werden und eine Schönheitskönigin heiraten und ich möchte sieben Kinder!«

Kaum fängt er an zu nicken, wird mir klar, dass er den Sarkasmus nicht herausgehört hat.

Er macht sich wieder Notizen und ich wippe weiter mit dem Bein.

Wahrscheinlich ist es besser, er schreibt in mein Profil: labiler, naiver Idiot. Narzisstisches, perspektivloses Arschloch klingt nach noch mehr Sitzungen.

»Ich würde dir fürs Erste raten, dir einen Mitbewohner zu suchen. Deinen Schilderungen zufolge bist du ständig alleine seit dem Tod deiner Großmutter. Jemanden, der dich motiviert, wieder einem geregelten Alltag nachzugehen. Verstehst du das?«

»Ja.«

Natürlich verstehe ich das, ich sitze hier, weil ich ein Suchtproblem habe, nicht weil ich geistig zurückgeblieben bin.

»Wir sollten beim nächsten Mal wieder auf deine Kindheit zurückkommen. Dein Verhältnis zu deinen Eltern, darüber hast du mir noch nicht wirklich viel verraten.«

»Ja.«

Ich habe vor vier Sitzungen herausgefunden, dass ich viel schneller hier verschwinden kann, wenn ich in den letzten dreißig Minuten nur noch mit »Ja« antworte.

Dass ich nicht mehr wirklich zuhöre, könnte nur dann schlecht für mich ausgehen, wenn Doktor Mattson irgendwann mit zuckenden Augen und heruntergelassener Hose vor mir steht, weil ich auf die Frage, ob ich ihm einen blasen möchte, auch mit »Ja« geantwortet habe.

»Bleib stark und gib dir Mühe, dann klappt das mit deinen Träumen schon.«

Ob er mich noch weniger mag, wenn ich ihm vor die Füße kotze?

Ich schnappe mir meinen Rucksack und lasse die rote Holztür hinter mir ins Schloss fallen. Niemand auf dieser Welt streicht seine Innentüren r