Was ist eine Vaskulitis?
Jan Henrik Schirmer, Nils Venhoff
Die Vaskulitiden✱ (Mehrzahl von »Vaskulitis«) sind eine Gruppe sehr unterschiedlicher Erkrankungen, denen gemein ist, dass es zu einer Entzündung von Blutgefäßen kommt. Obwohl sich die Vaskulitiden in ihrer Entstehung, ihren Ursachen und ihren Krankheitsmanifestationen deutlich voneinander unterscheiden, werden sie unter dem Sammelbegriff »Vaskulitis« zusammengefasst.
Viele Vaskulitiden sind Autoimmunerkrankungen✱. Das bedeutet vereinfacht, dass ihnen eine Fehlsteuerung des Immunsystems zugrunde liegt. Bei den Vaskulitiden läuft eine fehlgerichtete oder unzureichend kontrollierte Abwehrreaktion des Immunsystems✱ in den Blutgefäßen des Körpers ab, ohne dass dort Krankheitserreger (zum Beispiel Bakterien oder Viren✱) bekämpft werden müssten. Die Entzündungsreaktion schädigt dann die eigenen Blutgefäße bzw. die über die betroffenen Gefäße mit Blut versorgten Organe.
Um die sehr unterschiedlichen Vaskulitis-Krankheitsbilder verstehen zu können, muss man sich zunächst vergegenwärtigen, wie das Blutgefäßsystem im menschlichen Körper aufgebaut ist. Die Erscheinungsbilder der einzelnen Vaskulitis-Erkrankungen resultieren daraus, an welchem Ort im Körper kleinere oder größere Gefäße betroffen sind.
Das Blutgefäßsystem des menschlichen Körpers
Jeder hat bereits vom »Blutkreislauf« gehört – aber was bedeutet das eigentlich genau? Das Blutgefäßsystem im Körper ist als geschlossener Kreislauf angelegt, den das Blut immer wieder von Neuem durchfließt. Der Herzmuskel ist die Pumpe, die diesen Kreislauf in Gang hält. Genau genommen liegen sogar zwei Blutkreisläufe vor, die miteinander verbunden sind, aber unterschiedliche Funktionen haben: Im kleinen Kreislauf (auch Lungenkreislauf genannt) wird sauerstoffarmes Blut von der rechten Herzkammer zur Lunge gepumpt. Dort kann eingeatmeter Sauerstoff aus der Lunge ins Blut aufgenommen und gleichzeitig zum Beispiel Kohlenstoffdioxid (CO2) vom Blut in die Lunge abgegeben und ausgeatmet werden. Das mit Sauerstoff angereicherte Blut fließt dann zurück zum Herz in die kräftigere, linke Herzkammer, die es in den großen Kreislauf (auch »Körperkreislauf« genannt) pumpt. Der Körperkreislauf transportiert den in der Lunge aufgenommenen Sauerstoff dann in alle Gewebe und Organe des Körpers, gibt ihn dort ab und transportiert beispielsweise CO2 und andere nicht mehr benötigte Stoffwechselprodukte aus den Geweben ab. Das Blut fließt zurück zum Herz, wird dort dann erneut von der rechten Herzkammer in den Lungenkreislauf gepumpt und der Kreislauf beginnt von Neuem (siehe▶ Abb.).
Gefäße, die Blut vom Herz wegführen, heißen Arterien✱. Gefäße, die das Blut zum Herz zurückführen, heißen Venen. Im Körperkreislauf führen Arterien also sauerstoffreiches Blut vom Herz weg in Richtung Gewebe bzw. zu den Organen, und die Venen transportieren sauerstoffarmes Blut zurück zum Herz. Im Lungenkreislauf ist es umgekehrt: Hier fließt sauerstoffarmes Blut in den Lungenarterien zur Lunge hin, und i