Erstes Kapitel.
»Was, denkst Du, wird sie mit uns anfangen, wenn sie uns erwischt? Wir durften ihn nicht kaufen, wie Du weißt,« sagte Maisie.
»Mich durchprügeln und Dich in Dein Schlafzimmer einsperren,« erwiderte Dick, ohne sich zu besinnen. »Hast Du auch die Patronen mitgenommen?«
»Ja, sie stecken in meiner Tasche, aber sie werden schrecklich zusammengerüttelt. Gehen Zündnadelpatronen nicht von selbst los?«
»Das weiß ich nicht. Nimm Du den Revolver, wenn Du dich fürchtest, und laß mich sie tragen.«
»Ich fürchte mich gar nicht!« Maisie schritt rasch weiter, mit einer Hand in der Tasche und kühn erhobenem Gesichte, Dick folgte ihr mit einem kleinen Zündnadelrevolver.
Die Kinder waren zu der Ueberzeugung gelangt, daß ihr Leben unerträglich sein würde, wenn sie nicht im Pistolenschießen sich üben könnten. Nach vielem Ueberlegen und mit großer Selbstverleugnung hatte Dick sieben Shilling und einen Sixpence erspart, den Preis eines schlecht konstruirten belgischen Revolvers. Maisie konnte nur eine halbe Krone in die gemeinschaftliche Kasse, zum Ankauf von hundert Patronen, beisteuern. »Du kannst besser sparen als ich, Dick,« hatte sie diesem erklärt, »ich esse sehr gern etwas Gutes, und Du machst Dir nichts daraus. Außerdem müssen Jungens mit Revolvern schießen.«
Dick murrte zwar etwas über diese Anordnung, doch fügte er sich, ging fort und besorgte den Einkauf der Sachen, welche die Kinder jetzt probiren wollten. Revolver waren keineswegs einbegriffen in dem Plane ihres täglichen Lebens, wie er von ihrer Behüterin, die in nicht ganz korrekter Weise bei den beiden Kindern Mutterstelle vertrat, festgestellt worden. Dick befand sich seit sechs Jahren unter ihrer Obhut; Mrs. Jennet war während dieser ganzen Zeit eifrig bemüht gewesen, möglichst viel Vorteil aus dem Zuschusse zum Kostgelde der ihr zur Anschaffung von Kleidungsstücken für ihre Pfleglinge bewilligt worden war, für sich herauszuschlagen. Sie war eine Witwe in reiferen Jahren, mit dem lebhaften Wunsche, sich wieder zu verheiraten, und hatte, teils aus Gedankenlosigkeit, teils aus angeborener Sucht, andere zu quälen, auf die jungen Schultern von Dick Lasten gelegt, die schwer genug zu tragen waren. Wo er sich nach Liebe gesehnt, gab sie ihm erst Widerwillen und dann Haß. Wo er, als er herangewachsen, ein wenig Teilnahme und Sympathie gesucht, hatte sie ihn lächerlich gemacht. Die zahlreichen Stund